Bazillenfimmel
(Angelika) Und weil es gerade so schön ist, fällt mit doch glatt noch eine kleine lustige Episode aus dem amerikanischen Alltagsleben ein. Eines der Stereotypen, mit dem Deutsche stets belegt werden, ist ja, dass sie einen kleinen Sauberkeitsfimmel haben und stets die Sagrotanflasche bei sich tragen (ich übertreibe etwas). Ich werde mich jetzt hier nicht darüber auslassen, ob das tatsächlich stimmt. Ich kann nur sagen, dass der Amerikaner diesem Phänomen in einem Punkt in nichts nachsteht, denn er hat eine Heidenangst vor Bakterien und Bazillen ("germs") jeglicher Art und diese Angst hat schon zu etwas grotesken Auswirkungen geführt. So gehört es nicht nur zum guten Ton, eine Einladung abzusagen (auch unter Freunden), wenn man einen Schnupfen hat, man putzt sich auch nicht die Nase am Tisch, sondern entschuldigt sich und tut dies im diskreten Sicherheitsabstand, möglichst vom Tisch weggedreht. Im Restaurant führt dies meist dazu, dass man echt auf die Toilette gehen muss, um sich die Nase zu putzen, denn schließlich ist man ja umringt von Leuten. Nägelschneiden in aller Öffentlichkeit ist allerdings völlig okay, da soll sich noch einer auskennen! Natürlich werden auch alle möglichen Produkte verkauft, die Bakterien abtöten. Der Sagrotanliebhaber würde in Amerika auf das reinste Paradies stoßen. So gibt es Geschirrspülmittel, die Bakterien abtöten, Spray zum Putzen, das gleichzetig jede lebende Bazille auf diesem Kontinent vernichtet (sonstige gesundheitliche Nebenwirkungen können getrost vernachlässigt werden) und so eine Art Handcreme, die nur dazu da ist, Bakterien den Garaus zu machen, wenn man sich nicht die Hände waschen kann. Man hat das Gefühl, dass jede Woche ein neues Produkt auf den Markt kommt, um bei dem Kampf mit den Bakterien zu helfen. So gibt es neuerdings auch ein Waschmittel, das zu 99.9 % Bakterien abtötet (das sagt jedenfalls die Werbung) und eine Geschirrspülmaschine, die ein extra Knöpfchen zum Drücken hat, das den Mechanismus in Gang setzt, der den Krieg gegen die Bakterien startet. Als ich das erste Mal die Werbung für diese Geschirrspülmaschine sah, habe ich echt am Boden gelegen vor Lachen. Den Trick, dass man auch einfach nur superheißes Wasser benutzen kann, hat sich bis hierhin noch nicht herumgesprochen, hier hilft man dann eher mit der Chemiekeule nach, mit dem Umweltbewusstsein hapert es dann doch noch ein wenig.
Vielleicht denkt ihr jetzt, dass ich mir ganz schön viel herausnehme und mir das Lästern über die amerikanische Lebensart nicht zusteht. Seid versichert, dass mir bewusst ist, dass jeder Amerikaner, der schon einmal in Deutschland war, auch tausend und eine Geschichte präsent hat, die große Verwunderung oder auch Belustigung bei ihm hervorgerufen hat. Was haben wir schon zusammen mit unserer amerikanischen Freundin Anne, die öfter in Deutschland ist, gelacht, wenn sie anfing, aus dem Nähkästchen zu plaudern und ihre Erfahrungen von diesen Reisen mit uns teilte. Apropos Deutschlandbild von Ausländern: Es gibt da ein kleines Buch mit dem Titel "Mein Deutschlandbild", das vom Deutschem Akademischem Austauschdienst herausgegeben wurde (ISBN: 3-87192-688-4), in dem Ausländer, die für einige Zeit in Deutschland studiert haben, humorvoll und ernsthaft ihr Deutschlandbild schildern. Eine sehr zu empfehlende Lektüre!