26.07.2021   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 139  
San Francisco, den 26.07.2021


Abbildung [1]: Das erste Mittagessen in einem Restaurant nach der Pandemie.

Angelika Im Mai/Juni 2021 erwachte San Francisco aus seinem Corona-Dornröschenschlaf. Die hohe Impfrate in der Stadt und Umgebung hatte die Inzidenzwerte auf einstellige Zahlen je 100.000 Einwohner herunter gedrückt. Über Wochen hinweg lagen die Traumwerte bei unter 2! So etwas wie Euphorie machte sich in der Stadt breit. Sollten wir es geschafft haben? Als dann am 15. Juni in San Francisco (und auch Kalifornien) fast alle Einschränkungen wegfielen, gab es kein Halten mehr. Wir sahen wieder gut besuchte Restaurants mit geöffnetem Innen- und Außenbereich, und vermehrt Menschen ohne Maske, selbst im Supermarkt. Nur nicht Geimpfte waren noch verpflichtet, sich zu maskieren.

Abbildung [2]: Dieser Tattoo-Laden tätowiert Geimpfte auch ohne Maske.

Touristen gehörten auf einmal nicht mehr zur aussterbenden Art, und auch Downtown San Francisco sah nicht mehr ganz so trostlos aus und fing an, das Geisterstadt-Image zu verlieren. Ich traf mich endlich wieder mit einzelnen Freunden in Restaurants, die ich seit über einem Jahr nicht mehr persönlich gesehen hatte und Michael spielte einen Abend in seiner Schafkopfrunde. Auch Michaels geliebtes Fußballspielen findet wieder regelmäßig statt. Freudig bolzt er jetzt jeden Donnerstag und Sonntag. Und wir kehrten das erste Mal nach einer Wanderung in einem Café ein, ein Ritual, das vor Corona zu jeder Wanderung gehörte. Es ging ein kollektiver Seufzer der Erleichterung durch San Francisco und Umgebung.

Abbildung [3]: Dieser Modeladen möchte ab sofort keine Jogginghosen mehr sehen.

Ich muss gestehen, dass es zunächst etwas komisch war, seine Maske im öffentlichen Raum abzunehmen, vor allen Dingen, weil ich es von meiner Arbeit in der Schule gewöhnt bin, sie den ganzen Tag zu tragen, Impfung hin oder her. Auch wusste nicht jeder, mich eingeschlossen, wie das Maskenprotokoll genau aussah. Laden- oder Restaurantbesitzer wiesen Geimpfte mit Schildern darauf hin, dass sie keine Maske zu tragen brauchten. Allerdings kontrolliert hier keiner den Impfstatus an der Eingangstür. Mir wäre ja das Prinzip "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser" lieber, aber im freiheitsliebenden Amerika, wo viele solcher Maßnahmen gleich als staatliche Bevormundung angesehen werden, hofft man auf die Ehrlichkeit der Kunden. Da ich prinzipiell skeptisch bin, dass sich Menschen an etwas halten, wenn nur an ihre Vernunft appelliert wird, setze ich grundsätzlich in Innenräumen wie zum Beispiel in Geschäften, wo ich den Impfstatus meiner Mitmenschen nicht kenne, noch meine Maske auf. Es sieht so aus, als hätte ich damit einen Trend gestartet, denn, durch die Deltavariante bedingt, steigen auch in San Francisco die Zahlen, und viele tragen schon wieder ihre Maske in den Geschäften, vor allen Dingen nachdem die San-Francisco-Gesundheitsbehörde auch Geimpften dazu riet.

Abbildung [4]: In den Sportausstatter REI dürfen geimpfte ohne Maske rein.

Verpflichtend - wie mittlerweile wieder in Los Angeles - ist es allerdings noch nicht. Obwohl in San Francisco fast 80% der impfberechtigten Bevölkerung bereits eine Dosis erhalten hat und fast 70% vollständig geimpft sind, breitet sich Delta aus, hauptsächlich bei den Ungeimpften. Mittlerweile liegen die Infektionszahlen im zweistelligen Bereich nämlich bei 14 Infizierten auf 100.000 Einwohner. Überall stagniert die Impfbereitschaft, selbst in Gegenden, wo die Impfrate längst noch nicht so hoch ist wie in San Francisco. In Kalifornien wird alles versucht, Menschen umzustimmen und zum Impfen zu motivieren. Das geht von Bargeldzahlungen (50 Dollar), Freikarten zu Freizeitparks über spezielle Lotterieziehungen für Geimpfte. Die Verantwortlichen scheuen weder Mühe noch Kosten.

Da nicht jeder auf Belohnungen reagiert, gibt es auch Vorstöße, die Daumenschrauben anzuziehen. Viele kalifornische Universitäten (u.a. Stanford University, San Francisco State University, UC Berkeley) verpflichten ihre Studenten zur Covid-Impfung. London Breed, unsere Bürgermeisterin, verkündete, dass alle städtischen Bediensteten der Stadt San Francisco, schlappe 35.000 Angestellte, sich impfen lassen müssen. Verweigerer setzen ihren Job aufs Spiel. Auch in unserer Schule gilt für die Mitarbeiter Impfpflicht. Ich begrüsse das sehr, denn ich habe im letzten Schuljahr oft mit der Angst leben müssen, an Covid zu erkranken oder dass sich das Virus in der Schule verbreitet und die Kinder infiziert. Wir schafften es übrigens, ohne einen Covidfall durchs Schuljahr zu kommen und unsere Schule war seit Herbst 2020 durchgehend auf. Meine Schüler sind übrigens ganz heiß auf die Impfung und bedauern sehr, dass der Impfstoff für ihre Altersgruppe noch nicht zugelassen ist. Da könnte sich so mancher Impfmuffel ein Beispiel drannehmen.

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