(Michael) Eines der größten Vorurteile über Amerika ist ja, dass es keine Bürokratie gäbe. Sobald man aber mit Behörden zu tun hat, ist das Gegenteil der Fall, dort wiehert der Amtsschimmel schlimmer als in Deutschland. Das gilt sicher für die wahnsinnig komplizierte Steuererklärung, aber es gibt noch interessantere Beispiele.
Wusstet ihr zum Beispiel, dass es in Kalifornien spezielle Vorschriften für fahrende Eisverkäufer gibt? Der Hintergrund: Anno 1999 rannte ein 4-jähriges Mädchen in San Bernardino (bei Los Angeles) auf einen Eiswagen zu und wurde von einem vorbeibrausenden Auto erfasst und getötet. Zwei Jahre später unterzeichnete der damalige Gouverneur von Kalifornien, Gray Davis (später von Arnie Schwarzenegger abgesägt) das nach dem verunglückten Mädchen "Destiny Nicole Stout Memorial Act" benannte Gesetz, das spezielle Vorschriften für fahrende Eisverkäufer einführte. Laut Straßenverkehrsordnung darf ein Eismann bis heute nicht auf Straßen anhalten, auf denen Autos schneller als 25 Meilen/Stunde fahren. Und er muss großformatige Schilder mit der Aufschrift "WARNING" and "CHILDREN CROSSING" sowohl vorne als auch hinten am Eiswagen anbringen. Und die Schilder müssen mindestens 12 mal 48 Zoll (30cm x 123cm) groß sein, damit man sie auch von weitem lesen kann. Der Zeitungsbericht zu den Straßenverkehrsordnungsänderungen erklärt noch weitere Details.
Eine weitere Besonderheit ist die Anwendung der Straßenverkehrsordnung auf privaten Parkplätzen. Wer zum Beispiel auf dem Supermarktparkplatz sein Auto unverfroren auf dem Behindertenparkplatz abstellt, dem kann die Polizei einen Strafzettel verpassen. Allerdings nur, wenn am Eingang des Geländes ein Schild aufgestellt ist, auf dem steht, dass auch auf dem Privatgelände die Straßenverkehrsordnung gilt. Das ist eine Einladung des Supermarkts an vorbeifahrende Politessen (die in den USA oft männlich sind), und die sonst auf Privatgrundstücken nichts zu suchen haben.