Angelika/Mike Schilli |
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Angelika Viele der Probleme der Stadt San Francisco sind hausgemacht und haben sich über Jahre kumuliert. Es gibt zum Beispiel keine Opposition im Stadtrat. Alle Abgeordneten gehören der demokratischen Partei an, und unterscheiden sich eigentlich nur dadurch, wie progressiv sie sind. Nun sollte man auf den ersten Blick meinen, dass ein Stadtrat, der fest in der Hand einer Partei ist, viel gebacken bekommt, aber leider ist dem nicht so. Ganz im Gegenteil: Die absurdesten Ideen gehen durch, und es gibt keine Gegenpartei oder -stimmen, die darauf drängen zu schauen, ob die Maßnahmen überhaupt funktionieren oder nur in die Rubik "rausgeschmissenes Geld" fallen.
Die Umgestaltung des Rathausplatzes (genauer gesagt eines Abschnitts des UN-Plazas) in der Innenstadt ist so ein fragwürdiges Projekt. Dazu müsst ihr wissen, dass die "City Hall", also das Rathaus San Franciscos, an ein sehr verhautes Viertel, das Tenderloin, grenzt. Schon seit wir hier wohnen, verkaufen Dealer auf dem Platz vor dem Rathaus Drogen. Treue Rundbriefleser erinnern sich vielleicht daran, dass ich jahrelang im Tenderloin gearbeitet habe. Zu meinen aktiven Zeiten in dem Viertel gab es einen Haufen verdeckte Ermittler ("under cover cops"), die Drogendealer aufspürten und dann auch verhafteten.
Doch dann trat die Stadtpolitik in die verhängnisvolle Phase, die Drogendealer einfach machen zu lassen, denn angeblich handelt es sich um arme Hunde, die man nicht verhaften darf, egal wieviele Tote diese durch den Drogenverkauf wissentlich in Kauf nehmen. Nun hat aber die Fentanylkrise dazu geführt, dass San Francisco zu Pandemiezeiten mehr Drogentote als Coronatote hatte, und die Zahlen bezüglich der Drogentoten auch nach der Pandemie immer weiter stiegen. Im Jahr 2023 gab es bis jetzt 752 Drogentote in San Francisco, die meisten starben an einer Fentanyl-Überdosis.
Nun sind nächstes Jahr Wahlen in der Stadt und leichte Panik macht sich unter den Politikern breit, weil viele Bürger von San Francisco mittlerweile arg angefressen sind wegen der Laissez-Faire-Haltung ihrer Politiker. Deshalb macht sie zur Zeit wilder Aktionismus breit, frei nach dem Motto "Unsere Stadt muss schöner werden". Im Zuge dieses Programms erhielt Der UN-Plaza-Teil des Rathausplatzes nun kürzlich für zwei Millionen Dollar eine kleine Schönheitsoperation. Die Stadträte dachten sich, dass es jetzt an der Zeit wäre, die Drogendealer vom Platz zu vertreiben und entschieden sich dafür, einen kleinen Skatepark auf den Platz zu bauen. Desweiteren gibt es Tischtennisplatten und Tischfußball sowie ein paar Fitnessmaschinen und Kurse wie Zumba für die Öffentlichkeit. Auf den ersten Blick ist daran ja nichts auszusetzen, nur erschließt sich mir nicht so ganz, warum ein Skatepark Drogendealer abschrecken sollte.
Und dann gibt es noch ein weiteres Problem. Seit über 40 Jahren findet zweimal wöchentlich ein Wochenmarkt auf dem "UN Plaza" vor dem Rathaus statt. Das ist für die Bewohner des Stadtteils Tenderloin eine wichtige Quelle für frische Lebensmittel zu vernünftigen Preisen, denn im Tenderloin-Viertel gibt es keinen Supermarkt. Der Wochenmarkt musste wegen der Umgestaltung weichen und findet jetzt auf der anderen Seite vom "UN Plaza" statt. Allerdings ist der Ausweichort wesentlich kleiner, sodass viele Anbieter ihre Stände verkleinern mussten. Die waren dann auch nicht begeistert, dass sie zu den Umgestaltungsplänen nicht befragt worden waren. Hinzu kommt, dass sie ihre Kleintransporter auf dem neuen Platz nun nicht mehr hinter ihren Ständen parken können und nun diese, mit Ware beladen, weiter weg stellen müssen. Ein hohes Risiko in einer Stadt, in der die Scheiben von Autos sofort eingeschlagen werden, wenn sich auch nur ein Kabel sichtbar im Innenraum befindet. Das wäre doch mal ein Problem, das sich zu lösen lohnte, aber wie gesagt, vor den Wahlen zählen hauptsächlich oberflächliche Verschönerungen.
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