15.01.1999   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 13  
San Francisco, den 15.01.1999


29 Palms und der Joshua-Nationalpark

(Michael) Die zweite Hälfte des Jahresurlaubs (1 Woche) verbrachten wir in den Wüsten unten bei San Diego. Innerhalb Kaliforniens kann man ja spottbillig umeinanderfliegen, so kostet der Flug von San Francisco ins rund 800 Kilometer weiter südlich gelegene San Diego und zurück pro Person nur etwa 100 Dollar. Dort ist das Wetter ein bisserl wärmer, in San Francisco regnet's ja gerne zur Winterzeit, und obwohl die Temperatur hier selten unter 5 Grad fällt, haben wir's doch lieber richtig sonnig. Nun kaufen wir ja regelmäßig jeden Freitag bei unserem "Pali" (wie Angelika immer zu dem palästinensischen Zeitungshändler um die Ecke sagt) die Süddeutsche Zeitung mitsamt dem "Magazin" und Angelika hatte dort gelesen, dass in einem kleinen Kaff in der Wüste namens "29 Palms" nicht nur 29 Palmen, sondern auch ein nettes Motel steht, das kleine Häuschen mit Kaminfeuer und so vermietet, in die auch gelegentlich illustre Gestalten vom nahegelegenen Palm Springs untertauchen, die dem ganzen Jet-Set dort müde geworden sind und in der billigen Absteige für ein paar Tage faul rumlümmeln wollen, um garantiert von niemandem erkannt zu werden -- denn den trüben Tassen, die in dieser Gegend am Ende der Welt wohnen, würde wahrscheinlich nicht einmal ein Licht aufgehen, falls Madonna und Dennis Rodman (für die älteren Herrschaften: Madonna ist eine Schlagersängerin und Dennis Rodman ein Basketballspieler mit grünen Haaren) Arm in Arm durch die Straßen ziehen würden. Leider wurden wir weder Cindy Crawfords im abgegabbelten Jogginganzug noch Steven Spielbergs in Badehose ansichtig, aber Angelika meinte bei einem tattrigen Herrn, der abends um die Bar herumschlich, das sei ein berühmter Regisseur, nur den Namen wisse sie gerade nicht. Na, wir hatten jedenfalls unseren Spaß daran, tagsüber die Wüsten in unseren legendären Bergschuhen zu erkunden, und die bemerkenswerte Luft einzuschnuppern, die jeder Feuchtigkeit mangelt und wie destilliert riecht -- die Berge rings um das Wüstengebiet riegeln jeden Regen ab, es scheint ungefähr 364 Tage im Jahr die Sonne. Trotzdem gedeihen dort allerlei Arten von dornigen Sträuchern und Kakteen, die schön anzusehen -- wenn auch nicht anzufassen -- sind. Klapperschlangen soll's auch zuhauf geben, wir haben zwar keine gesehen, aber einmal am Abend schien es uns, als hörten wir eine in der Ferne vor sich hinrasseln. Kssssrrr! Kssssrrr!

Abbildung [1]: Die Wüsten bei San Diego -- viel Sand und ein Mietauto!

Abbildung [2]: Die typischen Joshua-Bäume in der Wüste

Abbildung [3]: Ein kleiner Koyote

Auf dem Weg in ein recht steiniges Gebiet am Fuße eines Berges, wo wir laut Reiseführer einen Wasserfall zu finden hofften, stießen wir auf eine Tafel, die vor Berglöwen warnte, und tatsächlich kommen diese nicht ganz ungefährlichen Tiere hier in Amerika recht häufig vor -- so waren uns Berichte bekannt, nach denen sogar ganz in der Nähe von San Francisco, in Berkeley, neulich ein Jogger von einem Berglöwen, der sich in die Stadt verirrt hatte, angefallen wurde. Hier muss ich kurz abschweifen, denn als wir dieses Thema bei unserem Motel-Wirt anschnitten und ich bemerkte, dass aus diesen Löwen wohl Großstadt-Löwen geworden seien, warf der Wirt ein, die würden dann wohl nicht mehr knurren, sondern nur noch "Hey, Baby!" schreien. Zurück in die Wüste: Von früheren Besuchen wussten wir, dass man, falls man einem Berglöwen begegnet, sich ganz groß machen, mit den Armen fuchteln, schreien und kleine Steine werfen soll -- und falls man angegriffen wird, auf keinen Fall zu Boden fallen, sondern aufrecht stehend mit dem Tier kämpfen muss -- und immer kräftig zurückhauen! Das ist kein luschtigs Witzle, das stand so tatsächlich in einem Prospekt des Besucherzentrums. Nachdem wir also auf unserer Wanderung das Warnschild passiert hatten, griffen wir uns Stöcke und ich einen Stein und wir setzten unseren Weg fort. Der Pfad verschlechterte sich zusehends, es wurde immer enger und wir mussten einige Dornbüsche zur Seite biegen, um überhaupt durchzukommen. Als wir schließlich an einer Art Oase mit Palmen anlangten, wo auch ein kleines Bächlein floss und wir ein paar Felsen erklommen, vernahmen wir ein verdächtiges Rascheln im Gebüsch und kurz darauf ein lautes Platsch!, so als ob ein mittelgroßes Tier ins Wasser gesprungen wäre. Das war uns entschieden zuviel und wir traten den beschleunigten Rückzug an, und nachdem wir wegen der Eile die Dornenzweige nur sehr nachlässig zurückbogen, bekamen wir einige leichte Schrammen ab, aber schließlich erreichten wir offenes Gelände ohne ein Rendezvous mit einem Berglöwen. Und "Hohoho! Hohoho!" schallte es von Ferne aus dem Gebüsch -- nein, das habe ich jetzt erfunden, aber der Rest ist wahr, echt wahr!

Abbildung [4]: Warnung vor dem Berglöwen

Abbildung [5]: Kakteen mit spitzen Stacheln

Abbildung [6]: ... die sich sogar in den Schuh bohren!
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