Michael Immer wenn von einem Deutschlandurlaub wieder zurück nach San Francisco komme, fallen mir bestimmte Prinzipien auf, die der Amerikaner kennt und der Deutsche nicht. In der neuen Serie "Amerikanische Prinzipien" gehe ich das Thema jetzt mal an.
"Give me a break" sagt der Amerikaner, wenn sich alles staut, weil er mal wieder mit eingeschaltetem Warnblinker in zweiter Reihe parken muss. Und wer im Stau steckt, denkt sich, das arme Hascherl muss sicher in zweiter Reihe parken, weil es keinen Parkplatz gefunden hat, und um die Ecke parken und 30 Sekunden zu Fuß zu gehen wär ja wirklich eine Zumutung, da lass ich gerne Fünfe grade sein! Wer einen Parkplatz sucht, schleicht mit 20km/h herum wo 50km/h erlaubt sind, die nachfolgenden Fahrer zuckeln in Karawanenformation ohne zu murren hinterher.
Auch ist es in ganz Kalifornien gesetzlich verboten, Hunde mit in Geschäfte mitzunehmen, in denen Lebensmittel verkauft werden, nur Führhunde für Blinde sind gestattet. Aber ich habe im Supermarkt Costco schon oft Leute mit Hunden gesehen. Der Deutsche würde da sagen: "Sie gell, Hunde sind hier nicht erlaubt, das geht so nicht!" aber der Amerikaner sagt: "Ach, das ist ja schnuckliger Hund, wie heißt der denn? Ist das eigentlich ein Bernhardiner oder ein Sennhund?". Nur Restaurants sind streng, die setzen das Hundeverbot immer durch, und nur wer draußen sitzt, darf einen Hund dabeihaben. Der Grund: Die Besitzer würden ihre Lizenz verlieren, falls es publik würde, dass ein Wirt in den Schankräumen Hunde duldet. Leinenpflicht für Hunde am Strand oder in Parks? Amis Fiffi braucht nicht angeleint zu werden, der will bloß spielen! Kommt der Ranger und macht Rabatz, gibt man sich kleinlaut und keiner hat das Schild gelesen.
Muss man als Autofahrer bremsen, weil irgendein Penner gemächlich bei Rot über die Fußgängerampel schlurft, wäre in Deutschland ein langgezogenes belehrendes Hupsignal angesagt. Der kalifornische Autofahrer bremst einfach, und weicht dem Konflikt aus. Sicher ankommen ist ihm wichtiger als Recht behalten. Wer mich kennt, weiß, dass ich darüber anders denke! Diese Wurstigkeit variiert auch je nach Gegend, ganz extrem sind die Hawaiianer, die den Klang ihrer Hupen oft gar nicht kennen. Wer auf Hawaii egal aus welchem Grund hupt, den sehen die Einheimischen nur verachtungsvoll an. Auch die restlichen Amerikaner reagieren extrem abweisend auf belehrendes Hupen, und es kommt nicht selten vor, dass ein Hupsignal den Auftakt zu einer verbalen Auseinandersetzung mit reichlich Handgesten und anschließender Schießerei führt. Ich hupe natürlich trotzdem weiter. Außer natürlich ich bin auf Hawaii im Urlaub.