Angelika/Mike Schilli |
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Angelika Touristen klappern ja gerne die Standardsehenswürdigkeiten einer Stadt ab, das ist in San Francisco nicht anders: Golden Gate Bridge, Cable Car, Golden Gate Park, Alcrataz, Alamo Square mit den hübschen Häuschen und immer wieder Fisherman's Wharf, obwohl mich dort keine 10 Pferde mehr hinbekommen. Vieles ist auch lohnend, aber es gibt immer noch Ecken, die Touristen und auch Einheimische sträflich vernachlässigen, die aber das Herz und die Seele dieser Stadt ausmachen. Der Stadtteil "Dogpatch" mit dem angrenzenden Pier 70, der sich auf der östlichen Seite der Stadt, zwischen der Mariposa Street, der Chesar Chavez Street und dem Wasser der Bay befindet, gehört zum Beispiel dazu.
Das Dogpatch-Gebiet hat eine schillernde Geschichte aufzuweisen. Dort stehen einige der ältesten Häuser von San Francisco, denn das Viertel wurde 1906 weder durch das schwere Erdbeben noch durch die mit dem Erdbeben einhergehenden Brände in Mitleidenschaft gezogen. Lange war das Dogpatch-Viertel ein Arbeiterviertel mit einem hohen Anteil an europäischen Immigranten, die in den umliegenden Fabriken oder in der Schiffswerft am Pier 70 arbeiteten. Die städtische Firma PG&E, die uns mit Strom und Gas versorgt, eröffnete zum Beispiel schon im Jahre 1852 eine Werksanlage im Viertel. Um 1990 herum wirkte sich der Dot-Com-Boom auch auf das Dogpatch-Viertel aus. Arbeiterfamilien wurden verdrängt und der gehobene Mittelstand zog in die wunderschönen alten kleinen Häuschen ein, die auch in anderen Vierteln den Charme von San Francisco ausmachen.
Die Eröffnung der Straßenbahnlinie T tat ein übriges, denn sie verläuft durch das Viertel. Weiter ändert sich die Stadtlandschaft in der angrenzenden Mission Bay, wo das renommierte Unikrankenhaus UCSF riesige Forschungskomplexe aus dem Boden stampfte. Nicht alle Veränderungen sind schlecht, so findet man super Restaurants im Viertel, aber auch Geschäfte, die San Francisco ausmachen und noch nicht in jeder Metropole dieser Welt zu finden sind, wie zum Beispiel das Taschengeschäft "Rigshaw Bagworks" oder "Poco Dolce" für Konfekt und Schokolade.
Auch eine gehobene Metzgerei steht dort, nämlich "Olivier’s Butchery", ein Geschäftsmodell, das fast vom Austerben bedroht ist in den USA, denn die meisten Leute kaufen ihre Fleischprodukte abgepackt im Supermarkt ein. "The Workshop Residence" ist ebenfalls interessant. Künstler erhalten dort die Möglichkeit, mit ortsansässigen Firmen zusammen zu arbeiten und ihre einzigartigen Produkte herzustellen und zu verkaufen.
Und wer noch ein wenig die alte Luft des Dogpatch schnuppern will, mache sich auf in den Dogpatch Saloon, in dem seit 1912 durstige Kehlen benetzt werden. Völlig einzigartig ist übrigens der ans Dogpatch angrenzende Pier 70, eine Ansammlung von alten verlassenen Fabrikgebäuden, ein Traum für jeden Fotografen oder Geschichtsfan. Ich liebe es ja, durch solche verlassenen Gegenden zu streunen und mir vorzustellen, wie das Ganze vor 100 Jahren ausgesehen hat.
Der Pier 70 ist übrigens nicht völlig verlassen, denn die Schiffswerft repariert immer noch Schiffe und das Noonan Gebäude beherbert Künstler. Allerdings stehen die Bagger schon in der Warteschleife, denn das brachliegende Gelände soll ab 2017 saniert werden und neue Apartmentgebäude und Geschäftskomplexe sollen entstehen, angeblich mit dem Auftrag, einige der historischen Gebäude in die neue Landschaft zu integrieren. Guckt euch die Gegend lieber noch schnell an, denn die neusten fertiggestellten Bauprojekte in San Fransisco strotzen vor Langweiligkeit und architektonischer Einfallslosigkeit.
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