21.12.2014   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 109  
San Francisco, den 21.12.2014


Abbildung [1]: Das "Main Street Casino" im alten Teil von Las Vegas

Angelika Immer wieder zieht es uns nach Las Vegas, denn hier haben wir uns im zarten Studentenalter kennen gelernt, als wir beide unabhängig voneinander in den langen Semesterferien auf USA-Tour waren. Las Vegas erfindet sich immer wieder neu und in einem Tempo, mit dem man kaum mithalten kann. Als Studenten suchten wir damals Las Vegas vor allem wegen der unschlagbaren Preise im Spielerparadies auf: All-you-can-eat-Buffets für 5 Dollar und billige Mietautos, um damit in die Nationalparks zu brausen. Später zogen am Las-Vegas-Strip die themenbezogenen Casinos ein wie das "New York New York", "Treasure Island" und das pyramidenförmige "Luxor".

Dann kam eine Dürreperiode, und kaum noch jemand wollte nach Las Vegas reisen, und wenn, dann nur zu absoluten Schlagerpreisen. Wer gegen den Trend schwamm, konnte für 150 Dollar pro Nacht absolute Traumzimmer mieten, teilweise mit zwei Etagen oder runden 1000-Liter-Badewannen. Mittlerweile geht der Trend hin zum ultramodernen Hotelbettenturm, Beispiele sind das "Aria" und das "Cosmopolitan" mit modernen Zimmern und allerhand technischem Schnickschnack für die IPhone- und YouTube-Generation.

Abbildung [2]: Auf der Fremont Street in Las Vegas Old Town sieht es noch aus wie früher.

Die Preise sind in Las Vegas dementsprechend explodiert. Günstige Zimmer gibt es am Las-Vegas-Strip kaum noch und Buffets zum Schlagerpreis sind wie CDs vom Austerben bedroht. Restaurants von internatonal berühmten Küchenchefts wie Gordon Ramsey, Wolfgang Puck, Joel Robuchon sind der neue Trend des 21. Jahrhunderts. Wenn man wie wir aus dem kulinarischen Paradies San Francisco kommt, muss der Küchenchef sich schon mächtig anstrengen, um uns zu begeistern. Auch nehmen es die meisten Restaurants in den Casinos am Strip mittlerweile so von den Lebendigen, dass selbst wir, die hohe Preise aus San Francisco gewohnt sind, nur noch mit den Kopf schütteln, zumal wenn wir in San Francisco für ein vergleichbares Mahl die Hälfte zahlen würden. Die Restaurants am Strip haben wohl herausgefunden, dass es Geschäftskunden aus den ländlichen Gegenden Amerikas während eines Kurzurlaubs in Las-Vegas egal ist, wieviel ein Abendessen kostet, und sie den Unterschied zu exzellenter Küche eh nicht bemerken würden, da sie sonst nur mit Baseballkappe im lokalen Diner abendessen.

Abbildung [3]: Früher gab es haufenweise solcher Restaurants.

Das Restaurant "L'Atelier de Joel Robuchon", das sich im MGM-Casino am Strip befindet, probierten wir dennoch aus und wurden nicht enttäuscht. Hier stimmt das Preisleistungsverhältnis noch und das Essen ist klassisch französisch aber mit modernen Noten. Im Gegensatz zu dem förmlicheren Restaurant "Joel Robuchon", das sich gleich daneben befindet und auch einige Klassen teurer ist, sitzt der Gourmetliebhaber im L'Atelier wie am Tresen und kann Köchen beim Zubereiten der Speisen zuschauen. Ebenfalls in der gehobenen Preiskategorie, aber zumindest hervorragendes Essen und ausgesuchte Weine.

Abbildung [4]: Diesen Slogan würde wohl heute keiner mehr für ein Casino verwenden.

Aber wir haben uns bei unserem letzten Besuch in Las Vegas auch immer wieder vom Las Vegas Boulevard ("The Strip") mit seinen glitzernden Casinos entfernt und sind auf Entdeckungsreise gegangen. So waren wir seit langem einmal wieder in Downtown Las Vegas, dem eigentlichen Geburtsort der Casinos, wo lange Zeit der kriminelle Mob getobt hat. Das zwar teure, aber sehenswerte Mob-Museum dort gibt einen Eindruck davon, was zu den Zeiten von Al Capone und Machine-Gun-Kelly los war.

Abbildung [5]: In Downtown Las Vegas spielen hauptsächlich ältere Semester an den Slot-Maschinen.

Downtown Las Vegas verblasste aber bereits in den 60er Jahren immer mehr, als am "Strip" der Bauboom begann und die Casinos dort ihre Tore öffneten. Die Spielhöllen in Downtown verloren ihren Glanz und zogen immer mehr ein Publikum an, das lieber an Fünf-Cent-Automaten der Spielsucht frönte, die sogenannten "Low Rollers". Allerdings hat nun kürzlich eine gewisse Nostalgiewelle eingesetzt und viele sind wieder auf der Suche nach dem alten Las Vegas. Die Inneneinrichtung des "Main Street Station Casinos" befördert einen dann gleich in eine andere Ära. Der CEO von Zappos (ein bekannter Onlineshop für Schuhe), Tony Hsieh, hat sich nun zum Ziel gesetzt, Las Vegas Downtown völlig umzukrempeln und ein jüngeres Klientel in den lange vernachlässigten Stadtteil zu locken.

Abbildung [6]: Der neu geschaffene "Container Park" in Old Town Las Vegas.

Zunächst verfrachtete Hsieh die Hauptgeschäftstelle seiner Firma nach Downtown Las Vegas and dann investierte er 350 Millionen Dollar seines Privatvermögens in das sogenannte Downtown-Projekt. Die Idee ist, kleine unabhängige Geschäfte, Firmen und Restaurants in Downtown Las Vegas anzusiedeln. Der sogenannte Containerpark auf der Fremont-Street repräsentiert das Projekt ziemlich gut. In kleinen containerartigen Gebäuden befinden sich Geschäfte und Restaurants, die um einen großen Spielplatz herum angesiedelt sind. Weit über das Gelände verstreut laden Sitzmöglichkeiten zum Ausruhen und Verweilen in der Sonne ein.

Abbildung [7]: Tische und Stühle laden zum Verweilen ein.

Ein wirklich ansprechendes Konzept, denn in Las Vegas findet man in der Regel nur noch Kettengeschäfte. In diesem Containerpark entdeckte ich dann auch das nette Geschäft "Blu Marble" (siehe Toppprodukt weiter unten). Die ersten berühmten Chefköche haben ebenfalls den Trend entdeckt und eröffnen kleinere Restaurants in Downtown Las Vegas. Kerry Simon, ein bekannter Chefkoch in Las Vegas, setzte mit dem neuen Restaurant "Carson Kitchen" ein Zeichen. Wir haben es natürlich gleich ausprobiert. Das Essen war super lecker und wurde zu einem vernünftigen Preis angeboten. Und wir fühlten uns, als würden wir in einem Restaurant in San Francisco sitzen. Ja, es tut sich etwas in Downtown Las Vegas.

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Letzte Änderung: 22-Mar-2015