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  Rundbrief Nummer 107  
San Francisco, den 15.06.2014


Abbildung [1]: Frische rohe Austern verzehrt man in Point Reyes direkt am Wasser.

Angelika Eines der unschlagbaren Vorteile des Lebens in San Francisco ist, dass wir den pazifischen Ozean direkt vor der Haustür haben und so leicht an frischen Fisch kommen, sowohl in den einschlägigen Supermärkten als auch in den diversen Restaurants der Stadt. Auch lokale Austern gibt es, denn im guten Wasser des Naturschutzgebietes Point Reyes gedeihen sie besonders gut. Wir haben schon das ein oder andere Mal über Point Reyes geschrieben (Rundbrief 04/2006), denn hier verschlägt es uns immer wieder zum Wandern hin, wenn wir dem Jubel und Trubel der Großstadt entfliehen wollen. Das Naturschutzgebiet ist eine Landzunge, die weit in den pazifischen Ozean hineinragt und liegt nur etwa 1.5 Autostunden in Richtung Norden von San Francisco entfernt. Da am letzten Montag im Mai der amerikanische Feiertag "Memorial Day" zelebriert wird, um die gefallenen amerikanischen Soldaten zu ehren, nutzten wir das verlängerte Wochenende, um drei Nächte in den "Olema Cottages" bei Point Reyes unterzukommen. Hier gefällt es uns immer besonders gut, denn auf einem rustikalen Bauernhofgelände gibt es dort kleine freistehende Häuschen zu mieten. Memorial Day läutet in den USA übrigens die Sommersaison und bevorstehende Ferienzeit ein. In San Francisco ist der letzte Schultag vor den großen Sommerferien dieses Jahr zum Beispiel am Freitag, dem 30. Mai.

Abbildung [2]: In dieser rustikalen Hütte auf der Austernfarm kann man Austern direkt vor Ort zum Verzehr erwerben.

Aber ich schweife ab. Eigentlich wollte ich darüber berichten, was es für hervorragende Austern in Point Reyes zu essen gibt, denn gleich drei Austernfarmen liegen hier: Die Hog Island Oyster Company, die Tomales Bay Oyster Company (schon seit 1909 in Betrieb) und die Drakes Oyster Company. Die Austern mögen das kalte, klare Wasser der Tomales-Bucht. "Tomales Bay" ist das Wasserinlet zwischen der Halbinsel "Point Reyes National Seashore" und dem Westküstenfestlandabschnitt, auf dem sich auch der berühmte Highway 1 in Richtung Norden schlängelt.

Abbildung [3]: Die Halbinsel Point Reyes im Norden San Franciscos steht als "National Seashore" unter Naturschutz.

Drakes Oyster Company siedelt seine Austern direkt in der Bucht "Drakes Bay" auf der Halbinsel Point Reyes an. Schon seit ungefähr 80 Jahren werden Austern in der "Drakes Bay" gezüchtet. Die Austern der drei Austernfarmen kann sich der Feinschmecker in verschiedenen Restaurants in San Francisco und Umgebung einverleiben, aber nirgendwo sind sie natürlich so frisch wie direkt von der Austernfarm. Eigentlich verbindet man ja mit Austernessen feines Tafelsilber und weiße Tischdecken, aber bei den drei Farmen in Point Reyes geht es eher zünftig zu. Draußen an Picknicktischen schlürft der Austernliebhaber in der frischen Brise seine Austern, die er vorher in einem kioskähnlichen Gebäude gekauft hat.

Abbildung [4]: Michael der Austern-Feinschmecker.

Die ganz hartgesottenen kaufen die Austern dann auch mit geschlossener Schale und öffnen sie am Picknicktisch mit einem Austernmesser. An der Drakes Bay konnten wir die Austern allerdings gegen einen Aufpreis auch von einem Profi vor dem Verzehr öffnen lassen. Nachdem wir uns vorher Videos auf YouTube angeschaut hatten, wie man am besten eine Auster öffnet, ohne sich das scharfe Messer in die Hand zu rammen, beschlossen wir, doch lieber den Aufpreis zu berappen. Wir wollten dann nämlich doch nicht den Rest des Wochenendes in der Notfallaufnahme eines amerikanischen Krankenhauses verbringen. Aber ich weiß schon, wer sich auf Amazon, sobald wir wieder zu Hause sind, ein Austernmesser und dazugehörige Metallhandschuhe kauft, um das Austernöffnen zu üben.

Abbildung [5]: Berge von Schalen aufgegessener Austern.

Die Drakes Oyster Company bietet drei verschiedene Austerngrössen an, nämlich kleine, mittlelgroße und große. Die kleinen und mittelgroßen isst man am besten roh, während die ganz großen auch zum Grillen gegeignet sind. Wir mögen die Austern aber am liebsten roh, denn nur so erkennt man den feinen Geschmack. In der Regel gibt es Zitrone zum Drüberträufeln dazu, eine rote Cocktailsauce oder eine Essigzwiebel-Vinaigrette.

Die Drakes Bay Oyster Company bangt übrigens gerade um ihre Existenz, denn die Firma befindet sich direkt auf der Point Reyes National Seashore, die zum amerikanischen Nationalparkverbund gehört und somit unter staatlichem Schutz steht. 1962 stellte Präsident John F. Kennedy diesen einzigartigen Landstrich unter Naturschutz. Da sich aber seit dem 19. Jahrhundert landwirtschaftliche Betriebe auf Point Reyes befinden, erlaubte die Nationalparkverwaltung den Bauern, das Land weiterhin landwirtschaftlich zu nutzen und verpachtete den Bauern das Land gegen ein geringes Entgelt.

Abbildung [6]: Die Nationalparkverwaltung will die Drakes Bay Oyster Company schließen.

Auch die Drakes Bay Oyster Company, bis 2004 Johnson Oyster Company genannt, erhielt so einen Pachtvertrag, der die Nutzung der Gewässer zur Austernzucht erlaubte. Als der Pachtvertrag aber 2012 auslief, hieß es auf einmal, dass es keine Verlängerung mehr gibt, weil die Austernzucht das sensible Ökosystem der Drakes Bay negativ beeinflusse. Daraufhin entbrannte ein heftiger Rechststreit, denn der heutige Besitzer, der die besagte Austernfarm erst 2005 erwarb, will nicht so sang- und klanglos seine Sachen packen und abziehen. Es gibt zwei Lager: Die einen sagen, die Austernfarm war immer schon da und zwar schon bevor der Landsdtrich unter Naturschutz gestellt wurde, und operiert im Einklang mit der Natur. Die anderen behaupten, dass es das gute Recht der Nationalparkverwaltung ist, den Pachtvertrag nicht zu verlängern und somit die kommerzielle Nutzung zu beenden. Die Bevölkerung in Point Reyes scheint eher auf der Seite der Austernfarm zu stehen, denn wir sahen überall Plakate mit der Aufschrift "Save our Drakes Bay Oyster Farm" (Rettet unsere Drakes Bay Austernfarm). Bis jetzt hat die Firma aber rechtlich schlechte Karten gehabt und in den verschiedenen Instanzen verloren. Nun bleibt nur noch das oberste amerikanische Gericht, der U.S. Supreme Court, denn Nationalparks unterliegen der Gesetzgebung der amerikanischen Regierung und nicht etwa der der Bundesstaaten, in denen sie sich befinden.

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Letzte Änderung: 21-Nov-2017