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  Rundbrief Nummer 94  
San Francisco, den 14.11.2011


Abbildung [1]: Ob diese zwei Gauner wohl hinterher die kalifornische Verkaufssteuer auf ihre Amazon-Käufe nachentrichten?

Michael Der Mega-Versand Amazon hat seinen Hauptsitz bei Seattle im Bundesstaat Washington, einem der wenigen verbliebenen Verkaufssteuerparadiese Amerikas. Und seit sich der im Bundesstaat Delaware ansässige Katalogversand Quill 1992 gegen den Staat North Dakota bis zum Supreme Court durchklagte, und gewann, gilt: Unternehmen ohne Niederlassung im Bundesstaat dürfen nicht zum Eintreiben der örtlichen Sales-Tax gezwungen werden.

Abbildung [2]: Amazon behält zur Zeit (Oktober 2011) Sales Tax für Kunden aus den Bundesstaaten Kansas, Kentucky, New York, North Dakota und Washington ein.

Diese Gesetzeslücke nutzt der Amazon-Versand dazu, von kaufwütigen Kaliforniern keine Sales-Tax einzutreiben. Er hat deswegen seit Jahrzehnten auf Teufel komm raus vermieden, in Kalifornien eine physikalische Präsenz zu errichten. Die meisten Lieferungen kommen per Lastwagen aus einem Warenhaus nahe der Stadt Reno auf der Nevada-Seite der kalifornischen Grenze. Und wer "amazon digital music san francisco" googelt, sieht zum Beispiel Job-Angebote bei "A2Z Development Center, Inc." im Herzen von San Francisco, wo Software-ingenieure Amazons iTunes-Klon zusammenzimmern. Amazon hat der Abteilung extra einen nichtssagenden Namen gegeben, damit sie nicht als Amazon-Niederlassung in Kalifornien gilt.

Abbildung [3]: Der Gouverneur Jerry Brown will, dass Amazon in Kalifornien Sales Tax eintreibt und sein Staatssäckel füllt. Foto: Neon Tommy

Kalifornier sind zwar gesetzlich dazu verpflichtet, die gesparten Beträge beim Jahressteuerausgleich im April nachzuentrichten, doch viele 'vergessen' das. Wegen der Rezession fehlen den Bundesstaaten jedoch Millionen im Staatssäckel und so versuchen sie seit einigen Jahren, Amazon zum Eintreiben der Steuer zu zwingen. Amazon weigert sich mit Zähnen und Klauen und kann seine Waren in Kalifornien deswegen fast 10% billiger anbieten als hier ansässige Läden wie Best Buy oder Walmart. Das treibt letzteren natürlich die Zornesröte ins Gesicht. Würde Amazon Radiowerbung wie Media Markt in Deutschland schalten, hieße der Slogan: "Verkaufssteuer? Isch bin doch nit blöd!".

Abbildung [4]: Amazon schickt die Pakete von einem Warenhaus außerhalb des Bundesstaates Kaliforniens ab, um die Sales-Tax zu umgehen.

Das oben erwähnte Urteil des Supreme-Courts wurde 1998 noch unter Präsident Clinton durch den sogenannten "Federal Internet Tax Freedom Act (F-ITFA)" bestärkt. Er verbietet es Bundesstaaten, zusätzliche Steuern auf Internetkäufe zu erheben. Allerdings dürfen Bundesstaaten durchaus Gesetze erlassen, die Online-Läden dazu zwingen, die bereits bestehenden Sales-Tax-Bestimmungen für normale Läden einzuhalten. Der Bundesstaat New York setzte dies im Juni 2008 durch und seitdem entrichten New Yorker bei Amazon-Online-Bestellungen Sales-Tax.

Der neue steuerhungrige kalifornische Gouverneur Jerry Brown nahm gleich nach seiner Wahl letztes Jahr den Kampf mit Amazon auf. Sein Regierungsteam pickte sich die Praxis der sogenannten "Associates" heraus, bei der Vermittler bei Amazonverkäufen mitkassieren, falls der Kauf durch einen Link auf deren Webseite zustande kam. Linke ich zum Beispiel auf meiner Webseite perlmeister.com auf irgendein Perl-Buch bei Amazon und füge eine bei Amazon beantragte Associates-Nummer bei, könnte ich bis zu 3% vom Kaufpreis kassieren, falls jemand meinem Link folgt und das Buch kauft.

Abbildung [5]: Amazon-Chef Jeff Bezos hat mit Sales Tax nichts am Hut. Foto: JD Lasica.

Sind diese "Associates" Kalifornier, so fand Jerry Brown, hat Amazon plötzlich eine Präsenz im Staate und muss Sales-Tax eintreiben. Amazon reagierte im Juni 2011 sofort und strich das Associates-Programm in Kalifornien. Die von Jeff Bezos unterzeichnete Email sprach gar von Verstößen des Staates Kalifornien gegen die Bundesverfassung! Nach einigen Wochen Streit einigte man sich jedoch darauf, dass Amazon die Steuer erst ab September 2012 eintreiben muss. Prompt schickte Amazon Anfang Oktober 2011 eine erfreute Email an alle gekündigten Associates, und versicherte dass das Programm jetzt weiterliefe. Bis September 2012 will Amazon nun versuchen, auf den Kongress einzuwirken (Lobbyismus, siehe Rundbrief 06/2011), damit ein Bundesgesetz dem ewigen Hin und Her ein Ende bereitet. 2012 ist übrigens das nächste Wahljahr.

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