Angelika/Mike Schilli |
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Occupy Oakland
Abenteuer Verkaufssteuer
Wie Amazon die Sales-Tax umgeht
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Das Ende des Papierbuchs
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Michael Unerfahrene deutsche USA-Touristen wundern sich oft, dass ein für 9,99 Dollar ausgepreistes T-Shirt an der Kasse plötzlich 10,84 Dollar kostet. Die Differenz errechnet sich aus der Sales Tax (Verkaufssteuer) des jeweiligen Landkreises. Wie in Deutschland mit der Mehrwertsteuer nutzt der Staat diesen Trick, um dem Steuerzahler bereits versteuertes Einkommen hinterrücks nochmals zu versteuern. Und wie in Deutschland ist der Verkäufer nur Mittelsmann, er führt die vom Kunden erhobene Steuer lediglich ans Finanzamt ab, ohne selbst davon zu profitieren. Anders als in Amerika wäre es in Deutschland allerdings illegal, die Mehrwehrtsteuer für Endverbraucher erst an der Kasse aufzuschlagen, der Preis auf dem Etikett enthält dort die Mehrwertsteuer bereits. Der Amerikaner findet es normal, dass die Kasse einen krummen Betrag draufrechnet.
Ihr habt vorher richtig gelesen, die Höhe der Sales Tax variiert mit dem Landkreis. Wenn ich ein T-Shirt für 9,99 Dollar kaufe, kostet es im Macy's-Kaufhaus am Union Square in der Innenstadt von San Franciso 10,84 Dollar, weil der Steuersatz im Landkreis San Francisco 8,5% beträgt. Der Macy's in der Serramonte Shopping Mall in South San Francisco (20km südlich) kassiert aber nur 10,81 Dollar, weil der Landkreis South San Francisco die Sales Tax mit 8,25% festsetzt. Das mag euch irrelevant vorkommen, doch ein Mann wie ich muss mit dem Kreuzer rechnen.
In Abbildung 2 seht ihr, dass ich beim Supermarkt "Target" zwei Gewürze und zwei Flaschen Sonnenmilch gekauft habe. Gewürze sind steuerfrei, Sonnenmilch hingegen wird mit dem in South San Francisco üblichen Steuersatz von 8.25% besteuert. Und das ist noch nicht alles, befasst man sich mit den gesetzlichen Vorschriften zur Sales-Tax kommt der typisch amerikanische Bürokratiewahnsinn zutage, von dem man in Deutschland nichts weiß.
So zahlt man auf Lebensmittel in Kalifornien normalerweise keine Sales-Tax. Verkauft ein Supermarkt oder eine Bäckerei allerdings warmes Essen und der Kunde verzehrt es auf einer Holzbank vor dem Laden, muss der Laden dafür Steuern verlangen und abführen, als wäre er ein Restaurant. Der Kassierer unseres Supermarktes "Whole Foods" um die Ecke hat mich glatt schon gefragt, ob die Stange Lauch auf dem Laufband zum sofortigen Verzehr gedacht sei. Ich bestritt das vehement, um den Lauch nicht auch noch versteuern zu müssen!
Die unterschiedlichen Prozentsätze errechnen sich aus dem Basissatz für Kalifornien (7,25%) und dem vom Landkreis aufgeschlagenen Satz. So kassiert der Landkreis San Francisco 1,25% obendrauf, während sich South San Francisco mit 1% begnügt. Maximal sind laut den Bundesstaatsregelungen für Kalifornien 9,75% erlaubt. Der Landkreis darf also maximal 2,5% auf die Bundesstaatsrate draufschlagen. Zwei Landkreise in der Gegend um Los Angeles gehen bis ans Limit: Läden in Pico Rivera und South Gate würden für das 9,99-Dollar-T-Shirt glatt 10,95 Dollar abkassieren!
Jeder Bundesstaat legt unterschiedliche Regelungen für die Basisrate und den maximalen Prozentsatz fest. Alaska, Delaware, New Hampshire, Montana and Oregon erheben überhaupt keine Verkaufssteuer und untersagen dies auch ihren Landkreisen. Außerdem fällt die Steuer nur dann an, falls die Ware im steuerpflichtigen Bundesstaat 'verbraucht' wird. Auf einen im Bundesstaat gekauften und nach Kalifornien gelieferten iPod muss der Kunde keine Sales-Tax zahlen, falls er ihn sofort als Geschenk an seine undankbaren Neffen nach Deutschland schickt.
Nun gut, um die vorher erwähnten Pfennigbeträge beim Kauf eines T-Shirts schert sich natürlich kaum jemand, aber wenn ein LCD-Fernsehkasten statt 1000 Dollar plötzlich 1097,50 Dollar kostet, wirft Otto Normalverbraucher seinen Gehirnkasten an und findet Mittel und Wege, die fälligen 97,50 Dollar Steuer am Bundesstaat Kalifornien vorbeizuschleusen. Am einfachsten: Online bei Amazon bestellen. (Berichtigung: Das geht seit 2012 allerdings auch nicht mehr, das Schlupfloch wurde gestopft).
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