Angelika/Mike Schilli |
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Das Gefrett mit der Krankenkasse
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Greta übertüncht
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Michael Letzten Herbst hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, mir meinen beim Fußballspielen gerissenen Meniskus per Operation flicken zu lassen. In Abbildung 2 seht ihr, wieviel der Spaß gekostet hat. Das Krankenhaus hat schlappe 43.696 Dollar berechnet, allerdings hat unsere Krankenkasse einen Deal mit dem Laden und so bekamen wir einen Discount von 27.775,55 Dollar, und übrig blieben 15.275,10 Dollar, die die Krankenkasse auch bezahlt hat. Das heißt, alles außer dem sogenannten "Copay", einer Selbstbeteiligung von 645,35 Dollar, die mir als Patient aufgebürdet wurde. Wie kommt das?
Krankenkassen in Amerika bieten, entweder über den Arbeitgeber oder einer staatlichen Vermittlungsstelle wie Covered California verschiedene sogenannte "Pläne" an, also unterschiedlich teure Versicherungsverträge. Meist zahlt der Versicherte eine monatliche Prämie, muss aber bei Arztrechnungen oft auch noch einen Eigenanteil beisteuern. Dieses sogenannte "Copay" beträgt bei uns zum Beispiel bei Arztbesuchen 30 Dollar, aber bei aufwändigeren Prozeduren im Krankenhausbesuchen schlappe 10% der Rechnung, bis zu einem jährlichen Höchstbetrag von 2.000 Dollar. Damit wollen die Krankenkassen die Patienten dazu motivieren, möglichst wenig zum Arzt zu gehen oder sonstige Kosten zu verursachen. Für Pläne mit weniger Selbstbeteiligung muss der Versicherte entsprechend höhere monatliche Prämien berappen.
Bis die Höchstgrenze (im Beispiel 2.000 Dollar pro Jahr) erreicht ist, kostet den Versicherten jeder Arztbesuch wie gesagt 30 Dollar. Bekommt der Arzt also zum Beispiel 400 Dollar von der Versicherung für einen 10-minütigen Besuch (in der Höhe nicht ungewöhnlich), weil das der zwischen Arzt und Versicherung ausgehandelte Satz ist, überweist die Versicherung dem Arzt später nur 370 Dollar, die restlichen 30 muss der Arzt selber vom Patienten eintreiben. Das wird meist am Empfang geregelt, da zahlt der Patient den geschuldeten Betrag normalerweise mit Kreditkarte vorab, bevor überhaupt ein Arzt auf der Bildfläche erscheint. Manchmal vergessen die Angestellten allerdings, das Geld einzutreiben, und ein paar Wochen später flattert dem erfreuten Patienten eine Rechnung über 30 Dollar ins Haus, die er ebenfalls meist per Kreditkarte begleichen kann.
Bei meinem oben erwähnten Operationssaalbesuch letztes Jahr schätzten die Finanzmenschen dort rätselhafterweise die Kosten der Operation auf 9,000 Dollar, und knöpften mir schon ein paar Tage vor dem Termin 10% davon ab, also 900 Dollar, die ich per Kreditkarte zahlte, damit die Operation überhaupt stattfinden konnte. Allerdings waren in der Zwischenzeit bei der Krankenversicherung schon mehrere Rechnungen von diversen Dienstleistern eingegangen: der Röntgen-Fritze wollte Geld sehen, sowie der behandelnde Orthopäde, der nach einem ebenfalls teuren MRI zu einer Operation geraten hatte. Ruckzuck war der von mir zu entrichtende jährliche Höchstbetrag von 2.000 Dollar fast erreicht gewesen. Hurra? So kommt es jedenfalls, dass ich trotz der höher als geschätzten Operationskosten (15.275,10 statt 9000 Dollar) nicht 900, sondern nur 645,35 Dollar hätte entrichten müssen. Schlappe 254.65 Dollar zuviel gezahlt!
Nun muss man sagen, dass viele Amerikaner sich gar nicht die Mühe machen würden, dies nachzurechnen, aber ich habe ja bekanntlich schon einmal bei Ebay angerufen, um mir 10 Cent zurückerstatten zu lassen, die diese Gauner mir zuviel abgezweigt hatten. Ich rief also beim Krankenhaus an, wühlte mich durch tausend Menüpunkte und fragte, ob ich denn mein Geld zurück bekäme. Nein, sagte man mir, ich hätte noch Glück gehabt, weil die Versicherung einen günstigeren Betrag ausgehandelt hatte. Anscheinend hatte die Finanzperson am Telefon keinen Schimmer, denn meines Erachtens hatte meine Versicherung dem Krankenhaus den verlangten Betrag bis auf 645,35 Dollar exakt erstattet, und genau diesen Restbetrag war ich bereit, zuzuschießen, aber keinen Pfennig mehr. Die Krankenhausdame riet mir, bei meiner Krankenversicherung anzurufen, um den Fall zu klären.
Ich tat wie geheißen. Da unsere Krankenversicherung noch über meinen alten Arbeitgeber läuft, sind die Angestellten dort unglaublich auf Zack, ganz anders, als man das normalerweise von Krankenversicherungen in Amerika kennt. Die Mitarbeiterin dort sah sofort das Problem und kontaktierte, noch während ich am Telefon wartete, das Krankenhaus. Anscheinend bekam die Billing-Abteilung dort nun einen Satz heißer Ohren verpasst, denn nach einigen Minuten erhielt ich die erfreuliche Nachricht, dass das Krankenhaus mir mein Geld natürlich umgehend zurückerstatten würde.
Was lernen wir daraus? Nicht einmal die Abrechnungsabteilungen der Krankenhäuser können hierzulande korrekt abrechnen. Die meisten Patienten sind mit dem Regelwerk ebenfalls überfordert oder nicht willens, sich einzulesen, und lassen aus Unkenntnis ihr schwer verdientes Geld auf dem Tisch liegen. Die Service-Provider kalkulieren dies möglicherweise sogar mit ein und spielen Mäuschen, falls der Patient zuviel zahlt, während sie im umgekehrten Fall natürlich sofort alle Hebel in Bewegung setzen, um an den Zaster zu kommen.
Also, wie immer in Amerika: Immer wieder anrufen, bis alles stimmt. Freundlich, aber bestimmt auftreten, nie schimpfen, sondern geduldig die Sachlage erklären und vielleicht auch etwas Humor einfließen lassen. Schließlich hängen am anderen Ende der Leitung auch nur Menschen, die einen öden Job machen und nach Unterhaltung lechzen. Gleichzeitig schult man so kostenlos sein Englisch und sein Verhandlungsgeschick.
Jedenfalls kam vier Wochen später ein Brief vom Krankenhaus per Schneckenpost ins Haus geflattert, mit einem Anschreiben, das trotzig behauptete, dass angeblich ein "Internal Audit" des Krankenhauses darauf gekommen sei, dass mir zuviel Geld abgezweigt worden war. Anbei lag ein Scheck über die von mir angemahnten 254.65 Dollar. Zufälle gibt's im Leben.
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