Angelika/Mike Schilli |
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Michael Strom und Gas bekommen wir hier an der nördlichen Pazifikküste vom ortsansässigen Energieversorger "Pacific Gas and Electricity" (PG&E). Da wir eine (zugegebenermaßen: idiotische) elektrische Heizung haben, schwankt unsere Stromrechnung deutlich zwischen den Sommer- und Wintermonaten, etwa zwischen 70 und 120 Dollar im Monat. Wie ihr in Abbildung 3 seht, haben wir im mörderisch kalten Dezember 2016 laut Ableser, der allerdings nicht genau alle 30 Tage vorbeikommt, sondern nach Gutdünken, genau 692 Kilowatt Strom verbraucht.
Die ersten 432 Kilowatt davon kosten jeweils etwa 18 Cent, während sich die Kosten für die restlichen 260 Kilowatt mit 24 Cent um circa 33% erhöhen. Die Stromerzeuger verlangen für überdurchschnittlichen Verbrauch proportional mehr, da sie Stromspitzen teuer kommen, zum Beispiel an höllisch heißen Sommertagen, an denen jeder im Silicon Valley seine Klimaanlage anstellt.
Nun flatterte vor einiger Zeit ein bunter Prospekt ins Haus, der ankündigte, dass ab Dezember 2016 Stromerzeugung und Stromanlieferung getrennt abgerechnet würden. Nicht mehr PG&E wäre dann für die Erzeugung zuständig, sondern eine neue Firma namens "CleanPowerSF", die ihre Strommoleküle nicht mehr aus Atom- und sonstigen Kraftwerken und nur zu 29.5% aus erneuerbaren Energien mölke, sondern mit dem "Green"-Plan 40% umweltfreundlichen Strom erzeuge. Wer vorpreschen wolle und bereit sei, mehr zu zahlen, der könne "Supergreen" bestellen, was 100% erneuerbare Energien nutze. Wer eher konservativ angehaucht sei und Grün-Sein verachte, der könne mittels eines "Opt-Outs" aussteigen und weiterhin den guten alten PG&E-Strom beziehen. Wir machten natürlich nichts und wurden so, wie die meisten lethargischen Leute, zwangsvergrünt.
Kaum kam die Dezember-Rechnung in die Haushalte geflattert, ging das Heulen und Zähneknirschen auf der Nachbarschaftsschaftsbeschwerdeschaftsseite Nextdoor (Rundbrief 09/2014) los. Ein Hausbesitzer musste 450 Dollar zahlen! Es stellte sich heraus, dass der erhöhte Rechnungsbetrag auf vier verschiedene Ursachen zurückzuführen war. Erstens hatten wir einen ungewöhnlich kalten Winter, bei Temperaturen fast am Gefrierpunkt schlottert der Kalifornier wie Espenlaup und dreht die Heizung auf. Zweitens hatte PG&E die Erdgaspreise heftig angehoben, und bat Haushalte mit Gasheizung verstärkt zur Kasse. Drittens war der Ableser im Dezember extrem faul und der Abrechnungszeitraum erstreckte sich über mehr als einen Monat. Und viertens ging durch die Zwangsumstellung auf "Green" der Strompreis um etwa 10% nach oben. Unsere Stromrechnung belief sich im Dezember auf $142.38 ($91.89 für den Erzeuger CleanPowerSF und $50.49 an PG&E für's Anliefern), aber in den Folgemonaten normalisierte sie sich wieder.
Doch die Diskussion war bereits in vollem Gange und die meisten Leute schoben die Schuld auf den neuen grünen Energieerzeuger, obwohl es diesen nur zum Teil traf. Außerdem hasst hier jeder die Firma PG&E aus tiefstem Herzen, weil die vor etwa sieben Jahren in San Bruno, einem Vorort von San Francisco, durchWartungsschlamperei eine Gas-Pipeline explodieren ließ, ein Riesenfeuer auslöste, bei dem acht Menschen starben, und dafür rund 1,6 Millarden Dollar Schadensersatz zahlen musste.
Und jetzt hat sich die Verbrecherfirma schon wieder einen Coup geleistet: Viele Hausbesitzer schnallen sich neuerdings ein Solarpanel aufs Dach und erzeugen den meisten Strom selbst. Nur in der Nacht müssen sie manchmal ein paar Tröpfchen PG&E-Strom hinzuladen, und was macht PG&E? Natürlich war der Gaunerverein über die neue Konkurrenz nicht begeistert und schraubte die Preise für Niedrigverbraucher bis 250kWh um 50% nach oben (Abbildung 7), bestraften also die grünen Solarfritzen, die nun naturgemäß Sturm laufen. Mal sehen, wie das weiter geht, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.
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