09.05.1998   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 8  
San Francisco, den 09.05.1998


Abbildung [1]: Aus unserer Lieblingsfernsehsendung "Seinfeld"

(Angelika) Und noch ein Jahrhundert-Ereignis wird nächste Woche medientechnisch stattfinden: Die letzte Folge unserer Lieblingssendung "Seinfeld" wird nach neunjährigem Erfolg ausgestrahlt. Wer uns besucht hat, weiß, was sich hinter "Seinfeld" verbirgt, schließlich haben wir fast alle Besucher gezwungen, mindestens eine Folge mit uns anzuschauen. Für alle anderen von euch versuche ich jetzt zu erklären, was den Reiz dieser Sendung ausmacht:

Zunächst einmal handelt es sich bei der Sendung um eine sogenannte amerikanische "Sitcom". Das ist eine Sendung, die täglich für eine halbe Stunde ausgestrahlt wird, immer in der gleichen Umgebung spielt, in der Regel mit den gleichen Akteuren. Sprich, so etwas Ähnliches wie bei euch die "Lindenstraße". Ein Markenzeichen von "Sitcoms", die als lustig gelten, ist, dass Lacher vom Tonband eingespielt werden, was total nervig ist, aber das ist wiederum ein anderes Thema. "Seinfeld" handelt von dem New Yorker Kabarettisten Jerry Seinfeld, der sich selber spielt, und seinen neurotischen Freunden Elaine, George und Kramer. Der kleine, gedrungene, an Haarausfall leidende George ist ein Feigling und Verlierer erster Güte. Kramer stürmt stets unangemeldet zur Tür herein, eilt sofort zum Kühlschrank und hasst es, mit seinem Vornamen "Cosmo" angesprochen zu werden. Elaine ist Jerrys Exfreundin und mischt fleißig mit beim Korruptsein. In der Sendung geht es eigentlich um nichts und doch wiederum um alles. Es geht um Dinge aus dem täglichen Leben. So gibt es Folgen, die nur davon handeln, dass die vier ihr geparktes Auto in einer Parkgarage nicht wieder finden, George seinen Schreibtisch in der Arbeit umbauen lässt, damit er dort besser seine Zeit verschlafen kann oder der Beweis geführt wird, dass es so etwas wie "non-fat" Eis nicht geben kann. Dies alles hört sich vielleicht wenig spannend an, aber Leute, ich sag euch, das ist zum Kaputtlachen. Der Humor ist so böse und bitter, da werden echt die dunklen Seite der Menschen genial und unterhaltend rübergebracht. Uns gefällt besonders gut, dass die Sendung die amerikanische Gesellschaft brutal auf die Schippe nimmt, was vielleicht auch erklärt, warum Seinfeld in Deutschland nicht erfolgreich war. Das versteht man nur, wenn man hier lebt. Seinfeld ist hier übrigens so populär, dass man sich die Gags auf Parties und in der Arbeit erzählt. Meist reicht nur ein Stichwort und alles um einen herum bricht in Lachen aus. Wer z.B. nicht weiß, was "yada-yada-yada" bedeutet, ist out. "Yada-yada-yada" bedeutet so etwas Ähnliches wie "usw.usw.". Man liest dies hier jetzt sogar in Zeitungen. Auf jeden Fall werden wir donnerstags vor dem Fernseher sitzen und die letzte Folge anschauen. Schnief. Ihr wisst echt nicht, was euch da entgeht.

So, nun genug geplaudert! Michael schreibt nächstes Mal auch wieder was, versprochen!

So long,

Angelika und Michael

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