Angelika/Mike Schilli |
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Hallo liebe Leute aus der Heimat,
(Michael) Nachdem Angelika mächtig herumg'schaftelt mit ihren Uni-Berkeley-Kursen, muss ich, euer lieber Michael, mal wieder einen Rundbrief ganz alleine bestreiten. Zu Weihnachten, das hat die vielbeschäftigte Dame versprochen, gibt's mehr. Ich werde natürlich diese Gelegenheit, den Rundbrief ganz allein zu verfassen, ich betone: Ganz allein zu verfassen! dazu nutzen, die ganze Welt mit meinem Computer-Firlefanz zu indoktrinieren, wer das nicht aushält, muss den Brief wegwerfen oder den Computer abschalten. Jetzt!
(Michael) Die Hälfte unseres diesjährigen Jahresurlaubs (eine Woche) haben wir auf der kleinen Insel Molokai im Hawaii-Archipel verbracht. Hawaii ist für uns deswegen günstig, weil es zwar mitten im Pazifischen Ozean liegt, aber dennoch ein Bundesstaat der U.S.A. ist, man dorthin also einfach mit einem amerikanischen Führerschein ohne Visums-Hickhack hinfliegen darf. Mit unserem Spezial-Visum, das ja für den Firmenwechsel von Blaxxun nach AOL angepasst wurde, müssen wir von Pontius zu Pilatus, falls wir mal das Land verlassen wollen. Hawaii ist also Inland, insofern die Wahl. Auf Molokai gibt's ungefähr zwei Restaurants, zwei Hotels und eine Leprakolonie. Wir sind viel an den kilometerlangen Sandstränden entlangspaziert und haben uns zum Sonnenuntergang jeweils in eine Bar zurückgezogen, um einen Cocktail zu schlürfen. Das schöne an Hawaii ist, dass das Klima ideal ist: Es ist zwar warm, aber nie brüllheiß, da immer ein leichtes Lüftchen weht. Es regnet mal für fünf Minuten und dann scheint wieder die Sonne für fünf Stunden. Das ist echt so genial, dass, wenn man mal dort war, man sich immer wieder dahin zurücksehnt. Die Reise dorthin war etwas abenteuerlich: Da nur ein paar handvoll Touristen am Tag in Molokai aufschlagen, fliegt natürlich keine Boeing 747 von Honolulu (auf der Hauptinsel von Hawaii, Oahu) dorthin, sondern eine zweimotorige Propellermaschine aus dem zweiten Weltkrieg oder so.
Wir saßen direkt hinter dem Piloten und konnten durch die Vorderscheibe raussehen. Verblüfft stellten wir fest, dass so ein kleiner Flitzer keinen großen Anlauf braucht, um abzuheben, der Pilot schiebt nur kurz die Gashebel nach vorn, und nach 20 Metern zischt das Gerät ab in den Himmel.
Aber die Landung, oh weh! Nachdem auf den hawaiianischen Inseln stets ein frischer warmer Wind weht, schaukelte das kleine Ding recht arg hin und her und der Pilot -- wie wir live mitverfolgen konnten -- ruderte ganz schön an seinen Hebeln, um die Kiste irgendwie wieder sicher auf den Boden runterzubringen. Wie in einem Flugsimulator mit Günter Speckhofer am Steuer wippte die Landebahn im Frontfenster wild hin und her, schließlich kam der Kasten heile runter.
"Sorry 'bout the bumps", ("T'schuldigung für die Hopser"), sagte der Pilot, als wir ausrollten, und wir erwiderten natürlich, dass es uns ü-hü-berhaupt nichts ausgemacht hätte, da wären wir schon auf weit schlimmeren Flügen gewesen. In der Tat erinnere ich mich noch mit Schaudern daran, als ich einmal mit dem Chef einer Firma, für die ich mal zu arbeiten die Ehre hatte, nach Düsseldorf in einer Cessna fliegen musste. Co-Pilot war übrigens damals Günter Wille, der Chef vom Dallmayer in München, und der kleine Michael saß käsebleich zwei Sitze weiter hinten. Zum Glück ging alles gut. Aber ich schweife ab!
Nach der Landung auf dem Flughafen, der kleiner war als der Oberhausener Bahnhof zu Augsburg (wem das nichts sagt: "der kleiner war als die Windthorststraße zu Oldenburg") -- suchten wir die Autovermietung auf: Ein freundlicher älterer Herr in kurzen Hosen, der uns in aller Seelenruhe den Mietvertrag erklärte, denn jeglicher Zeitdruck war ihm fremd, da er pro Tag vielleicht zwei Touristen abfertigte. Jeder Tourist auf Molokai kriegt ein silberfarbenes Auto der Marke "Dodge", Modell "Neon" ausgehändigt. Auf der Insel gibt es ungefähr fünfzig Autos, und zehn davon sind silberfarbene Dodge Neons. Kommt man des Abends an einem der beiden Restaurants vorbei, stehen drei Dodge Neons davor. Manchmal kommt man zum Parkplatz zurück und weiß nicht, welchen silberfarbenen Dodge Neon man nehmen soll und muss erst den Schlüssel an allen ausprobieren.
Die Erwähnung der Lepra-Kolonie war natürlich kein Scherz, tatsächlich gab es vor einem halben Jahrhundert auf Molokai eine Leprakolonie. Dort wurden alle Leprakranken hingebracht, da man Angst vor Ansteckung hatte und keine Kur bekannt war. Heute gibt's längst medizinische Mittel gegen Lepra, aber es leben immer noch Leute in der Kolonie, nicht, weil sie das müssten, sondern weil sie dort bleiben wollen. Der Weg dorthin ist eine Riesen-Treppe, die von einem Berg ungefähr tausend Höhenmeter in das abgelegene Tal führt. Wer dorthin zu Besuch will, nimmt sich ein Maultier (eine Mischung aus Esel und Pferd), und reitet im Pulk mit einem Touristenführer dort runter. Man kann allerdings auch zu Fuß runtergehen, was wir denn auch taten, unten wurden wir mit einem Bus von einem ehemaligen Lepra-Kranken durch die Lepra-Kolonie gefahren. Auf dem Rückweg nach oben starteten wir lange vor den Mulis, aber da Angelika auf halber Strecke schwer zu schnaufen anfing, mussten wir langsam gehen und uns von den Maultieren überholen lassen. Nie war ich tiefer gesunken. Egal!
Zu Wasser und Wetter: Nachdem mich beim letzten Hawaii-Aufenthalt beinahe eine Welle derschlog'n hätte, blieb euer werter Erzähler diesmal den Surfbrettern fern. Statt dessen fröhnten wir dem Hobby des "Wie-es-die-Einheimischen-in-den-Wellen-derbatzt"-Fotografierens.
Statt zu surfen, schwammen wir nur im wohltemperierten Wasser. Das Wasser in Hawaii hat ganzjährig eine Temperatur von ungefähr 25 Grad, ist also gerade richtig zum rumplanschen, richtig angenehm, in San Francisco kann man nicht baden, denn da sind's nur 13 Grad, wenn's warm ist. Die Wellen in Hawaii können aber brutal reinkrachen, die sind schnell, drei, vier Meter hoch und am Strand muss man extrem aufpassen, dass einen die Rückströmung nicht mit reinzieht. Das schöne an den langen Stränden von Molokai ist freilich, dass man auf fünf Kilometer vielleicht zwei Leute trifft, so einsam ist das. Wir haben auch mal eine Ecke untersucht, in der Treibgut aus aller Welt angeschwemmt war, viele Flaschen (allerdings ohne Flaschenpost) und losgerissene Bojen waren darunter. Das Foto unten zeigt, wie ich eine gefunde Krabbe mutig in die Hand nehme. Uaaaah!
An dem Tag, als wir zur Hauptinsel zurückkehrten, fand gerade ein Wettrudern statt: Traditionell paddeln die Frauen einmal im Jahr in Kanus von Molokai nach Oahu. Das dauert, wenn man gut rudert, ungefähr sechs Stunden. Die Kanus brechen im Morgengrauen auf, und etwas später hoben wir mit unserem kleinen Flugzeug ab, um ebenfalls auf die Hauptinsel zuzusteuern, weil da der Bomber zurück nach USA abging. Nach einer Weile konnten wir die Boote sehen, und der Pilot wich, nachdem auf Hawaii anscheinend die allgemeinen Luftfahrtgesetze keine Gültigkeit haben, von seiner Fluglinie ab, tauchte hinab zu den Kanus, umrundete sie ein paarmal unter dem Johlen der Passagiere und setzte dann seinen Weg nach Oahu fort. Zur Belohnung erhielt er von einer Passagierin, die anscheinend Schiedsrichterin im Rennen war, nach der Landung ein T-Shirt mit dem Rennmotiv geschenkt.
(Michael) Zurück nach San Francisco: Nachdem mein guter alter 486-Computer, der noch aus deutschen Landen stammt (sponsored by Mutti!), nach mittlerweile vier Jahren schon zum alten Eisen gehört (vier Internet-Jahre entsprechen vierzig Menschen-Jahren), habe ich mich tatsächlich dazu durchgerungen, einen neuen zu kaufen, hurra! Die Fakten für Interessierte in Kürze: 400 Mhz Pentium II, 96 MB RAM, 17 GB Plattenplatz, 17'' Trinitron-Monitor, 56-Kbit-Modem. Sein Rentenalter wird mein guter alter Compi übrigens im Schlafzimmer verbringen, wo Angelika ab sofort ungestört im Internet herumbrausen kann, nachdem sie sich immer beschwert hat, dass sie wegen meiner pausenlosen Klimperei, nie an den Rechner rankommt!
Natürlich kauft man einen neuen Computer im Internet-Zeitalter nicht einfach in einem Laden, sondern sucht sich auf dem World Wide Web einen Hersteller, stellt die Komponenten zusammen, und kriegt sofort angezeigt, das das Trumm denn nun kostet. Dann gibt man seine Kreditkartennummer ein und - zack! - kommt nach einer Woche ein riesiges Paket per Post und der Spaß kann losgehen!
Dieses Verfahren spart sogar auch noch Geld, da man in kalifornischen Läden, wie Amerika-Touristen immer wieder schmerzlich erfahren, zusätzlich zum ausgezeichneten Preis noch 8,5% Sales Tax (so eine Art Mehrwertsteuer) zahlen muss und man im Internet, sobald die Bestellung in einen anderen Bundesstaat geht, davon befreit ist. Also hab' ich den Kram einfach aus Dallas in Texas bestellt, von wo ihn ein Flugzeug nach San Francisco eingeflogen hat, kein Problem! Das machen übrigens sehr viele Leute so, und die Politiker in Washington haben sich schon mal überlegt, eine pauschale Internet-Steuer zu erheben, aber nachdem hier in den U.S.A. jeder das Internet als das beste Kommunikationsmittel und Wirtschafts-Ankurbler aller Zeiten ansieht (zurecht!), wurde beschlossen, das ganze um ein paar Jahre zu vertagen, um die momentane Entwicklung, die man nur mit dem Wort "Explosion!" treffend beschreiben kann, nicht künstlich zu bremsen.
Mit der neuen Kiste können wir uns jetzt übrigens auch jeden Tag die deutsche Tageschau reinzieh'n: RealVideo heißt die Technik, die es erlaubt, Fernsehsendungen übers Internet zu verfolgen. Das Bild ist zwar nur ein paar Zentimeter groß und ein wenig wackelig, doch man sieht alles Notwendige und der Ton ist einwandfrei. Wegen der Zeitverschiebung kommt die 20-Uhr-Tagesschau hier schon um 11:00 vormittags -- wenn das kein Fortschritt ist!
(Michael) Übrigens bestellen wir auch unsere Bücher auf dem Internet -- wann immer wir uns für ein Buch interessieren, der Amazon, ein Buchversand, bietet alle Bücher um 20% billiger auf dem Internet an. Man bestellt mittels der Kreditkartennummer, und meist schickt Amazon die Ware per UPS, da kriegt man eine sogenannte Tracking-Nummer, mit der man -- wieder auf dem Internet -- zu jeder Zeit verfolgen kann, wo denn das Paket mit der Bestellung gerade herumliegt. Neulich hatte ich wieder was bestellt und sah, dass es in Florida auf einen Lastwagen verladen wurde. Darauf verschwand es drei Tage lang von der Bildfläche, ich wollte schon UPS anrufen, da tauchte es in der Gegend von San Francisco auf einem großen Umladeplatz auf. Da haben es die Deppen doch glatt mit dem LKW durch ganz Amerika kutschiert!
In Deutschland wird ja gerade auch die Preisbindung bei Büchern diskutiert. Tatsache ist ja, dass in Deutschland kein Buchhändler ein Buch für 17,95 anbieten darf, auf dem DM 19,95 steht, jeder muss es zum gleichen Preis verkaufen. Und auch wenn der Supermarkt mal ein Schlagerangebot machen wollte -- er dürfte es nicht (Ausnahmen sind lediglich Bücher-Verramschungen, also altes Zeug). Hier in den U.S.A. ist das anders, es regiert die freie Marktwirtschaft, jeder darf die Bücher so billig verkaufen, wie wer will. Das hat freilich zur Folge, dass die großen Bücherläden-Ketten den Markt bestimmen, der kleine Buchhändler um die Ecke kann einpacken. Und zweitens stehen bei den Ketten natürlich nur die Bücher im Regal, die sich gut verkaufen lassen, also Bestseller. Alternative Bücher von kleinen Verlagen haben keine Chance, die tauchen nie im Laden auf. Die Folge davon ist, dass das Buchangebot hier recht eintönig ist, was richtig neues, interessantes sieht man kaum. Euer lieber Autor freilich schreibt ja für einen großen Verlag und natürlich wird sein im Januar erscheinendes auf Englisch übersetztes Buch in allen Regalen stehen, uaaaahh .... Details findet ihr übrigens auf meiner Webseite http://perlmeister.com . Wer keinen Computer hat, kann sich die Information auch einholen, indem er die Waschmaschine auf Schleudergang stellt und lange genug in die rotierende Trommel starrt.
(Michael) Ein interessanter Markt ist auch der Automarkt. Wir haben immer noch kein Auto gefunden -- noch scheuen wir uns, einen Händler aufzusuchen, da bekannt ist, dass die alle Verbrecher sind und einen gehörig über den Tisch ziehen. Wir wollen ja irgendeinen billigen gebrauchten Japaner erwerben und haben schon ein paar Bücher zum Thema gelesen. Dort stand, dass man auf keinen Fall den ausgeschilderten Preis bezahlen darf, sondern immer erst verhandeln muss. Wenn der Verkäufer nicht akzeptiert, was in den meisten Fällen der Fall ist, muss man eisenhart aus dem Laden rausmarschieren -- aber, so schrieb der Ratgeber, es würde ihn wundern, wenn nicht ein mit den Armen rudernder Verkäufer hinterhergelaufen käme, versichernd, man könne schon nochmal über den Preis reden. Mit ihm zurückgehen darf man dann freilich nur, falls er hoch und heilig versichert, auf das Angebot einzugehen, und das macht er dann in den meisten Fällen auch, worauf in der Verkaufshalle wieder das Verhandeln losgeht, weil für jeden Kleinkram dann noch Extra-Gebühren anfallen (Registrierung und undurchschaubare Einzelposten), und dann muss man wieder zu toben beginnen, weiter verhandeln, und schließlich kann man sich auf einen annehmbaren Preis einigen. Ihr seht: Dazu brauchen wir viel Zeit und Nerven, aber das wird schon noch klappen.Neuer Computer über's Internet
Buchpreisbindung in den USA
Autokauf in den USA
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