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  Rundbrief Nummer 45  
San Francisco, den 01.08.2003


Abbildung [1]: Beliebte Waffenzeitschrift: "Handgunner"

Das ist gar nicht so einfach, denn die Vorschriften variieren stark von Bundesstaat zu Bundesstaat, unterliegen ständigen Änderungen seitens des Gesetzgebers und werden dann noch stark schwankend von den Gerichten interpretiert. Also: Nicht die Rundbriefredaktion verklagen, wenn etwas nicht genau stimmt, sondern im Zweifelsfall vorher einen juristischen Blutsauger eurer Wahl anheuern und um Rat fragen.

Kalifornien unterscheidet zwei Waffenvorschriften: Eine bestimmt, wann man eine Waffe versteckt (Conceiled Gun Law, CGL) führen darf und die andere bezieht sich auf geladene Waffen (Loaded Gun Law, LGL). Beide Gesetze wenden die Gerichte streng getrennt an: Wer zum Beispiel mit einem geladenen Revolver im Mantel in ein Regierungsgebäude marschiert, kriegt gleich zweimal einen auf den Deckel: Einmal wegen einer versteckten Waffe, und einmal wegen einer geladenen Waffe. "Geladen" heißt im juristischen Sinn dabei, dass die Munition sich in der Waffe befindet: Es reicht, dass das Magazin in der Pistole steckt, es spielt keine Rolle, ob die Waffe durchgeladen oder entsichert ist.

Abbildung [2]: Anzeige: Diese Knarre ist im Sonderangebot, 40 Dollar gespart!

Fast niemand darf in einer kalifornischen Großstadt mit einer unter der Kleidung verborgenen Waffe herumspazieren -- nicht einmal, wenn sie nicht geladen ist. Wer damit erwischt wird (und nicht unter die nachfolgend beschriebenen Ausnahmen fällt), begeht eine Straftat, die mit Geldstrafe oder Gefängnis geahndet wird. Ausnahme: Eine so genannte CCW-(Carry Conceiled Weapons)-Genehmigung, die der Sheriff des jeweiligen Landkreises nur ausstellt, wenn jemand nachweist, dass er die Waffe beruflich braucht (zum Beispiel ein Bounty-Hunter, der ausgebüchsten Verbrechern nachjagt) oder sonstwie ernstlich bedroht ist. Typischerweise werden diese CCWs aber nur in ländlichen Gebieten ausgestellt, die Großstädte lehnen Anträge fast immer ab.

Weitere Ausnahme: Im eigenen Heim darf jeder Normalbürger eine geladene Schusswaffe verstecken. Dies gilt aber nicht für Vorbestrafte, illegale Einwanderer, unehrenhaft aus dem Militär entlassene und dergleichen. Als "Heim" gilt übrigens auch der eigene Garten, ein angemietes Motelzimmer oder ein Campingplatz. Auch Ladeneigentümer (nur die Eigentümer, nicht die Angestellten) dürfen in ihrem Geschäft eine geladene Waffe liegen haben. Als kleine juristische Eigenheit darf man aber nicht mit einer unter der Kleidung versteckten Waffe in der eigenen Hauseinfahrt herummarschieren. Die Waffe darf im "Heim" versteckt sein, aber nicht "Am Mann".

US-Bürger, die mindestens 18 Jahre alt sind, dürfen Schusswaffen im Auto transportieren, wenn sie entladen und in einem abgeschlossenen Kasterl sind (nicht im Handschuhfach!). Wer zwar in den USA wohnt, aber nicht die US-Staatsbürgerschaft besitzt, darf Waffen im Auto nur auf dem direkten Weg zwischen Domizilen mit Ausnahmeregelungen transportieren (zum Beispiel vom Heim zu einem Schießklub, bei dem man Mitglied ist, oder vom Waffenhändler, bei dem das Teil gekauft wurde, zum Büro, dessen Eigentümer man ist).

Abbildung [3]: Anzeige: Der Ballermann in der Unterhose

Nehmen wir mal an, ein Ladeneigentümer hat eine geladene Waffe in seiner Schublade. Fährt er abends heim und will den Ballermann mitnehmen, muss er das Magazin mit den Patronen rausnehmen und die Pistole in ein tragbares, verschließbares Kästchen legen und zusperren. Trägt er beides zum Auto, muss er das Magazin mit den Patronen entweder offen tragen (andernfalls wäre das ein Verstoß gegen das "Conceiled Gun Law", denn das Magazin ist Teil der Waffe) oder die Patronen rausnehmen und das Magazin auch im Kasten einschließen. Daheim angekommen, darf der Ladenbesitzer die Knarre aus dem Auto in die Wohnung nehmen und dann dort laden. Allerdings muss er sicherstellen, dass seine Kinder nicht drankommen.

Eine ungeladene Schusswaffe offen zu tragen, ist lustigerweise fast überall erlaubt. Man könnte ohne weiteres mit einem Colt in einem (offenen) Cowboy-Halfter durch die Innenstadt von San Francisco marschieren -- ausgenommen sind nur waffenfreie Zonen wie Regierungsgebäude, Schulen oder Flughäfen. (Anmerkung der Redaktion: Das war der Stand von 2003, seit dem 1.1.2012 ist dies nicht mehr der Fall. Governor Jerry Brown hat im Oktober 2011 ein Gesetz unterschrieben, das das Tragen ungeladener Waffen mit dem geladener Waffen gleichstellt.) Ist die Waffe hingegen geladen, darf man mit ihr auch dann nicht auf die Straße, wenn man sie offen trägt. Gewehre fallen nicht unter das CGL, da man sie nur sehr schwer unter der Kleidung verstecken kann, aber unter das LGL: Niemand darf mit einem geladenen Gewehr auf der Straße stehen.

Wer eine Waffe offen trägt, den darf die Polizei jederzeit kontrollieren. Das ist den Polizisten in den USA normalerweise untersagt -- wer nichts angestellt hat, den darf niemand auch nur nach dem Ausweis fragen. "Routinekontrollen" wie in Deutschland wären rechtswidrig. Sieht ein Polizist aber, dass jemand eine Waffe trägt, darf er nachsehen und sicherstellen, dass diese nicht geladen ist.

Abbildung [4]: "Wie man eine Schusswaffe besitzt und nicht ins Gefängis kommt"

Was tun mit der Knarre? Man darf sein Heim, sich selbst und andere Leute gegen Bösewichte verteidigen. Es besteht, und das ist wichtig, keine Pflicht, zurückzuweichen, wenn sich damit eine Konfrontation vermeiden ließe. Schießen darf man allerdings nur dann, wenn vom Bösewicht eine unmittelbare Gefahr gegen Leib und Leben von Personen ausgeht. Wenn ein Dieb mit dem Fernseher unter dem Arm durchs Fenster abhaut, wäre es eine Straftat, hinterher zu ballern. Greift der Dieb allerdings gerade mit einem Baseballschläger an, darf man schießen.

Die Regeln sind sehr kompliziert und verlangen es, juristisch genau zu abstrahieren, welche Vorschrift in welchem Fall genau gilt. Kaum ein Einwohner Kaliforniens (außer vielleicht der Polizei und professionellen Waffenhändlern) kennt diese Regeln genau. Ich habe mir das mittlerweile vergriffene Buch "How to Own a Gun in California and Stay Out of Jail" von John Machtinger gekauft, der 1999 mal alle wichtigen Fakten zusammengetragen hat. Sehr schön!

Für die Bilder im Rundbrief habe ich extra zwei Waffenmagazine bei unserem Zeitschriftenhändler um die Ecke gekauft. Zu meinem Erstaunen hatte der klitzekleine Laden satte zehn verschiedene Magazine. Der Verkäufer sagte, viel verkaufe er in diesem Viertel allerdings nicht, und er legt sie immer ins oberste Regal, dass die kleinen Kinder nicht rankommen. Wahrscheinlich hält er mich jetzt für einen Waffennarren, aber damit muss ich leben.

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Letzte Änderung: 06-Apr-2017