Angelika/Mike Schilli |
Angelika Feuer gehören in Kalifornien wie Erdbeben zum Alltag. Jedes Jahr brennt es im Spätsommer irgendwo, oft in Südkalifornien, wo es heißer und trockener ist. Dieses Jahr nehmen die Waldbrände allerdings beängstigende Ausmaße an. Über 1700 Feuer, davon viele in Nordkalifornien, lodern seit dem 20. Juni und über 300 davon sind immer noch nicht gelöscht.
Die meisten entstanden einmal nicht durch fahrlässige Menschen sondern durch sogenannte trockene Blitzschläge, also Gewitter ohne Regen, was relativ ungewöhnlich in unserer Gegend ist, da es hier eigentlich nie Gewitter gibt. Die Flammen lodern zwar jetzt nicht direkt vor unserer Haustür, aber sie befinden sich doch in relativer Nähe zu San Francisco, sodass es streckenweise in San Francisco riecht, als ob jeder gerade seinen Kamin zuzüglich Grill angefeuert hätte.
Die Sonne war durch den Dunst über Tage kaum auszumachen, und wir wurden sogar angehalten, drinnen zu bleiben. Den Küstenabschnitt Big Sur, der zu einem der schönsten Teile des südlich verlaufenden Highway 1 zählt und etwa 230 Kilometer südlich von San Francisco liegt, hat es besonders hart getroffen, denn Feuerwehrleute schafften es bis jetzt nur, 20 Prozent des Feuers einzudämmen. Sie vermuten, dass sie noch bis Ende Juli brauchen, um das Feuer ganz unter Kontrolle zu bekommen. Wer die Gegend kennt, wundert sich vielleicht, wie es dort brennen kann, denn Big Sur ist für seinen Nebel berühmt und liegt direkt am Ozean. Die Luftfeuchtigkeit ist also nicht gerade gering, und die Wälder strotzen vor "Redwood"-Bäumen, die recht widerstandsfähig gegen Feuer sind und deshalb uralt werden. Aber das trockene Gras und Gestrüpp brennt natürlich trotzdem wie Zunder, denn in den letzten beiden Wintern hat es in Kalifornien nicht genügend geregnet.
Nun ist der Highway 1 um Big Sur herum gesperrt. Auf dieser Traumstrecke reiht sich normalerweise um diese Jahreszeit ein Wohnmobil an das andere. Die Sperrung ist nicht nur ein Wehrmutstropfen für die Touristen, sondern zieht auch die Geschäfte und Hotels in Mitleidenschaft, die die Sommermonate brauchen, um im ruhigen Winter über die Runden zu kommen. Auch bangt man um viele Gebäude mit historischem Wert, denn Big Sur zog zum Beispiel von jeher Künstler wie Henry Miller an, zu dessen Ehren es zum Beispiel eine Bücherei in Big Sur gibt.
Im Mai brannte es übrigens schon in den Bergen bei Santa Cruz, was nur etwa eine Autostunde südlich von San Francisco entfernt ist. Wie es der Zufall wollte, waren wir bei einer Freundin zum obligatorischen amerikanischen Barbecue etwa 20 km von der Feuerzone entfernt eingeladen. Da uns bekanntlich nichts so schnell schockt, fuhren wir trotzden hin und konnten den ganzen Abend den Rauch und die immer wieder aufzündelden Flammen beobachten. Wenn das so weiter geht mit den Waldbränden, müssen wir bald noch alle beim Löschen helfen, denn die Feuerwehrleute stoßen so langsam an ihre Grenzen.
Michael Anfang Juni haben wir mal wieder Rentnerurlaub auf Hawaii gemacht. Für europäische Ohren klingt das zwar absurd, aber wenn wir relativ preisgünstig und ohne viel Heckmeck eine Woche am Strand rumhängen wollen, fahren wir schnell nach Hawaii. Der Flug dauert von San Francisco etwa fünf Stunden, das sitzt man auf einer Arschbacke ab. Man braucht keinen Pass, nur den kalifornischen Führerschein, und man kann im Inselparadies wie zuhause in den gewohnten Supermärkten einkaufen und mit der gleichen Währung bezahlen.
Besonders die Hauptinsel Oahu ist sehr amerikanisch und teilweise sehr hässlich, aber zum Leidwesen Angelikas macht mir das eigentlich nichts aus. Wir hängen natürlich nicht in Waikiki rum, das ist eher so eine Spaßgesellschaft wie im Ballermann auf Mallorca. Statt dessen haben wir uns heuer wie schon oft von Privatleuten eine Ferienwohnung zwei Minuten von einem relativ wenig besuchten Strand entfernt gemietet und sind mit normalen einheimischen Hawaii-Amerikanern und einer Handvoll Touristen am Strand rumgehangen.
In die Touristenhochborgen zieht es hauptsächlich Japaner, denn Hawaii ist deren Mallorca. Japaner sind übrigens, wie ich neulich einem Bericht über die Touristenbeliebtheit in der Zeitschrift "Time" entnehmen durfte, nach Umfragen die weltweit beliebtesten Touristen. Die Franzosen sind die meistgehasstesten, aber das nur nebenbei. Uns zieht's aber meist eh etwas abseits ausgetretener Pfade. Die Hauptstadt Honolulu hat sogar einige authentische Ecken, zum Beispiel ein kleines asiatisches Viertel, aber wenn man San Francisco kennt, kann man darüber nur arrogant schmunzeln.
An einem Tag haben wir uns dann tatsächlich aufgerafft, und sind ein bisschen in die Stadt reingefahren und haben etwas rumfotografiert. Es fällt auf, dass die Einwohner viel langsamer gehen als sonstwo in den USA. Man muss sich nur mal auf einer belebten Straße hinstellen und in Ruhe den Fußgängerverkehr beobachten, das ist fast Zeitlupe.
Interessanterweise gibt schon einen eklatanten Unterschied zwischen der Ost- und der Westküste Amerikas, ein New Yorker geht und spricht viel schneller als jemand, der in Kalifornien wohnt. Aber im Vergleich zu Hawaii rennen selbst Kalifornier wie die aufgescheuchten Hasen.
Michael Und diesmal haben wir uns sogar das kulturelle Programm um "Pearl Harbor" reingezogen. Wenn ihr im Geschichtsunterricht aufgepasst habt, wisst ihr, dass in diesem Hafen bei Honolulu auf der Hawaii-Insel Oahu eine Schlacht stattfand, nach der Amerika unmittelbar auf der Seite der Allierten in den zweiten Weltkrieg gegen Deutschland eintrat.
Und das kam so: Während Hitler-Deutschland 1941 in Europa herumtobte und ein Land nach dem anderen attackierte, rutsche Amerika unruhig von einer Pobacke auf die andere und konnte nicht eingreifen. Das Königreich Japan hingegen tobte im Norden Chinas rum und die USA sahen auch das nicht gern und drehten Japan mittels Handelsembargo flugs den Ölhahn ab.
Nun war Hawaii anno 1941 noch kein Bundesstaat der USA, das passierte erst viel später, nämlich 1959. Aber schon um 1900 hatten die USA das Inselreich Hawaii nach jahrzehntelangem Hickhack annektiert und alle neun Schlachtschiffe ihrer Pazifikflotte im Hafen von Honolulu geparkt. Der Name "Pearl Harbor" des Hafens stammt übrigens von den Hawaiianern, "Pu'uloa" heißt wörtlich "Hafen der Perlen", und bezieht sich auf die dort bis ins späte 19. Jahrhundert ansässigen perlenproduzierenden Austern.
Von Japan bis Hawaii ist's nur ein Katzensprung von 5000 Kilometern, also setzten die Japaner eine Flotte mit Flugzeugträgern Richtung Hawaii in Bewegung, die tatsächlich zwei Wochen lang unbemerkt durch die Südsee kreuzte. 200 Kilometer vor Hawaii hatten die Japaner ihr Ziel erreicht, starteten 180 japanische mit allerhand Knallkörpern ausgestattete Flugzeuge Richtung Pearl Harbor, erwischten die Amis mit heruntergelassenen Hosen und bombten die gesamte amerikanische Pazifikflotte kurz und klein.
Ein Schlachtschiff, die "USS Arizona", ging gleich mit 1100 Mann unter. Der Schiffskörper liegt noch heute im seichten Wasser von Pearl Harbor und ein rostiger Stahlturm spitzelt aus dem Wasser. Statt die Leichen der Soldaten zu bergen, ließ man sie dort unten und baute ein Denkmal quer übers Schiff. Wenn man heute als Tourist die kostenlose "Pearl Harbor Tour" macht, sieht man, wie noch immer Öl aus dem Schiffsinnern nach oben austritt und im Hafen umeinanderschwimmt!
Das Ganze ist natürlich recht pathetisch aufgezogen und ich habe sogar die Hand eines circa hundertjährigen Kriegsveteranen geschüttelt, der dort anwesend war und Autogramme gab. Der hat wohl nicht gewusst, dass ich Deutscher war, harhar! Das Museum und die Gedenkstätte sind nicht sehr ergiebig, aber wenn man schon mal da ist, kann man sich's auch ansehen.
Und auch der Rest der Geschichte dürfte euch bekannt sein: Nach dem Überraschungsangriff in Pearl Harbor traten die USA in den zweiten Weltkrieg ein, hauten den Japanern zwei Atombomben aufs Dach und bremsten auch Deutschland mit Hilfe der restlichen Allierten gründlich aus. Lebende Geschichte!
Angelika Was lange währt, wird endlich gut. Seit dem 16. Juni können sich gleichgeschlechtliche Paare in Kalifornien ganz legal das Ja-Wort geben. Damit ist Kalifornien der zweite Bundestaat, der dies neben Massachusetts erlaubt. Ihr erinnert euch vielleicht, wie das Ganze anfing. Im Februar 2004 gab unser Bürgermeister Gavin Newsom grünes Licht und tausende von gleichgeschlechtlichen Paaren heirateten in einer Art Ad-Hoc-Aktion im Rathaus von San Francisco (Rundbrief 03/2004).
Wenig später annullierte allerdings ein hochrichterlicher Beschluss diese Ehen wieder mit der Begründung, dass diese gegen geltendes kalifornisches Recht verstoßen, und der Rechtsstreit begann. Über vier Jahre zog sich der Prozess hin. Dann die Überraschung: Der oberste Gerichtshof von Kalifornien (California Supreme Court) beschloss mit knapper Mehrheit (4 zu 3), dass das Recht zu heiraten in Kalifornien gleichermaßen für heterosexuelle wie homosexuelle Paare gilt und dass die kalifornische Verfassung jegliche Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung verbietet. Ein historisches Urteil; die Proposition (Volksbegehren) Nummer 22 vom Jahr 2000, die eine Ehe in Kalifornien als zwischen Mann und Frau bestehend definierte, hoben die Richer dadurch auf.
Interessanterweise macht es in Kalifornien aber eigentlich keinen Unterschied mehr, ob das gleichgeschlechtliche Paar verheiratet ist oder eine in Kalifornien eingetragene Partnerschaft hat. Denn seit Januar 2005 gilt hier, dass die eingetragene Partnerschaft der Ehe zwischen Mann und Frau im Prinzip gleichgestellt ist -- mit allen dazugehörigen Rechten und Pflichten. Seit 2007 darf das Paar, das sich für eine eingetragene Partnerschaft entschieden hat, sogar eine gemeinsame kalifornische Steuererklärung abgeben.
Wichtig ist allerdings, dass die Rechte sich nur auf den Bundesstaat Kalifornien beziehen und weder auf andere Bundesstaaten noch auf die allgemeinen Bundesgesetze der Vereinigten Staaten ("federal law") übertragbar sind. Die Einkommenssteuererklärung auf Bundesebene läuft so zum Beispiel weiterhin getrennt. In Amerika gibt man ja in der Regel zwei Einkommenssteuererklärungen ab, eine für den Bundesstaat, indem man ansässig ist ("State Income Tax") und eine auf Bundesebene ("Federal Income Tax").
Auch Einwanderungsgesetze sind Bundesgesetze und gelten nicht für eingetragene Partnerschaften. Dieser Sachverhalt ändert sich auch nicht durch die Legalisierung der Homo-Ehe in Kalifornien. Es gibt trotz Eheschließung immer noch keine Greencard für den ausländischen Partner oder Rentenansprüche aus der amerikanischen Rentenversicherung ("Social Security").
Jetzt fragt ihr euch sicher, was das Ganze dann soll. Es geht hier mehr um die Erstreitung eines allgemeinen Bürgerrechts. Auch besteht die Hoffnung, dass immer mehr Einzelstaaten die gleichgeschlechtliche Ehe anerkennen. Wenn Michael und ich zum Beispiel in den Bundesstaat Nevada umzögen, würden die dortigen Behörden unsere Ehe dort genauso anerkennen wie Kalifornien. Der Gouverneur von New York hat schon angekündigt, dass er die kalifornischen gleichgeschlechtlichen Ehen genauso anerkennt wie die traditionellen.
Der Bundesstaat Massachusetts hat ein ähnliches Gesetz ja schon 2004 verabschiedet, doch erlaubt Kalifornien zusätzlich, dass auch homosexuelle Paare aus anderen Bundesstaaten in Kalifornien heiraten dürfen. Das hat zu einem regelrechten Heiratstourismus geführt. Man wartet jetzt nur darauf, dass diese Paare in ihren eigenen Bundesstaaten die Anerkennung der kalifornischen Ehe einklagen werden. Dies ist allerdings mit einigen Hürden verbunden, denn die meisten Bundesstaaten haben rechtlich bereits verankert, dass eine Ehe nur zwischen Mann und Frau gültig ist.
Auch in Kalifornien versuchen diverse konservative Gruppen, die Homo-Ehe wieder sterben zu lassen. Im November 2008 werden die Kalifornier darüber abstimmen, ob ihre Verfassung dahingehend geändert wird, dass die Ehe nur zwischen Mann und Frau zu definieren ist, was den Richterspruch des obersten Gerichtshofs wieder übertrumpfen würde. Allerdings bezweifeln die meisten Rechtsexperten, dass die bis dahin geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehen rückwirkend aufgelöst werden könnten. Denn sollten die Kalifornier für die Verfassungsergänzung ("Amendment") stimmen, prophezeien alle, dass dann wiederum im Sinne des Grundsatzes der Gleichbehandelung geklagt würde, nach dem Motto, warum dürfen wir nicht heiraten, wenn die anderen Paare es durften.
Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass Kalifornien gegen die Verfassungsänderung stimmt. Umfragen zufolge hat das Stimmungsbarometer umgeschwenkt: Eine knappe Mehrheit ist für "Same-sex Marriage". Auch Schwarzenegger ist gegen eine Verfassungsänderung, begründet dies aber mit schwammigen Bemerkungen, dass die Verfassung ein Heiligtum ist, an dem nicht leichtfertig herumzuschrauben ist. Der Mann veranstaltet eh immer einen Eiertanz, wenn es um das Thema der gleichgeschlechtlichen Ehe geht. Er darf sich bei seinen republikanischen Parteigenossen nicht mit allzu liberalen Ideen aus dem Fenster hängen.
Man munkelt ja, dass er im Stillen eigentlich dafür wäre, schließlich hat der Hollywood-Star viele homosexuelle Freunde. Zum Totlachen fand ich auch, dass Arnie gleich ganz Feuer und Flamme war, als schlaue Köpfe ausrechneten, dass die zusätzlichen Hochzeiten in den nächsten drei Jahren dem Staat Kalifornien bis zu 684 Millionen Dollar einbringen würden. Das ist unser "Gouvernator" ganz pragmatisch. Momentan feiert San Francisco auf jeden Fall und die Geschäfte füllten ihre Regale mit Hochzeitskarten mit Bräutigam und Bräutigam und Braut und Braut.
Michael Wird man über's Ohr gehauen oder unfreundlich behandelt, sollte man sich beschweren. Nur, wie macht man das in den USA? Hängt man mit irgendeinem Volltrottel vom Callcenter in der Leitung, und es ist kein Weiterkommen möglich, verlangt man, den Chef zu sprechen. "Can I speak to your supervisor, please?" fragt man, und dann werden die Volltrottel meistens wach und versuchen zu beschwichtigen. Bestimmt aber freundlich weist man dann darauf hin, dass man die Information, die man suchte, nicht bekam und nun den Vorgesetzten sprechen möchte. Ja, wirklich. Das müssen die Callcenterleute dann machen.
Wo lernt man, sich zu beschweren? Kurse zu belegen ist rausgeschmissenes Geld, es hilft nur üben, üben, üben. Am besten fängt man bei kleinen Sachen an, bei denen es nichts ausmacht, wenn man mal nicht zum Ziel kommt. Steht auf der Telefonrechnung ein Anruf über ein paar Cent, und man ist sich sicher, dass man dort nie angerufen hat, ruft man bei der Telefongesellschaft an. Ich persönlich rufe regelmäßig bei Schluderfirmen an, die meine eingeschickten 'Mail-In-Rebates' nicht rechtzeitig bearbeiten. Das kostet mich nichts (alle haben eine 1-800-Nummer), und ich verbessere mein Verhandlungsgeschick wie mit einem teuren Trainer (ich bin natürlich schon ziemlich gut, aber man lernt nie aus). Wie immer gilt: Bestimmt, aber freundlich. Keine Witzchen reißen, sondern auf humorlos und kleinkariert machen.
Stellt sich heraus, dass man an der Nase herum geführt wurde, ist es Zeit, eine Beschwerde bei öffentlichen Stellen einzureichen. Das kommt euch jetzt sicher total plemplem vor, aber es ist tatsächlich üblich, in diesen Fällen eine Beschwerde beim "State Attorney General" des jeweiligen Bundesstaates einzureichen. Die Webseite der National Association of Attorneys General listet die Kontaktadressen auf.
Weiter gibt es Verbraucherschutzverbände auf Stadt-, Landkreis- oder Bundesstaatsebene, die auf dem Internet erreichbar sind und sich ebenfalls um Verbraucherbeschwerden kümmern.
Eine weitere Möglichkeit ist das Better Business Bureau, eine Verbraucherschutzorganisation mit ziemlich viel Einfluss. Viele Firmen sind dort Mitglied und verpflichten sich, bei Disputen mit Kunden mit der dann als Vermittler tätigen Organisation zu arbeiten, um zu einer Lösung zu gelangen. Aber auch Firmen, die dort nicht Mitglied sind, fürchten das Better Business Bureau, denn niemand möchte auf der schwarzen Liste dieser Organisation stehen. Und auch auf ripoffreport.com kann man seinem Unmut Luft machen und andere vor betrügerischen Firmen warnen.
Hilft gar nichts mehr weiter und es steht viel Geld auf dem Spiel, hilft nur, sich einen Anwalt zu nehmen und ein Gerichtsverfahren anzustrengen. Das ist in den USA allerdings sehr teuer und deswegen gibt es für 'Kleinkram' zwischen $1.500 und $25.000 den sogenannte Small Claims Court, der, abhängig vom Bundesstaat, diese Fälle im Schnellverfahren abarbeitet. Für größere Fälle kann man auf der Website der American Bar Association (benannt nach der Anwaltsprüfung, dem "Bar Exam", nicht nach einem Etablissement zum Alkoholgenuss) einen professionellen Rechtsverdreher ausfindig machen.
Michael Wir ihr wisst sind in den USA die Benzinpreise explodiert. Wer ein benzinsparendes japanisches Hybridauto fährt, lacht sich ins Fäustchen. Die Fahrer dröger Amikärren hingegen gucken in die Röhre.
Wer heute ein Schluckmobil der Marke Chevrolet, Pontiac, Ford oder Buick fährt, kriegt an der Zapfsäule den Rappel, wenn der Zähler sich der $80-Marke nähert. Das Benzin kostete vor zwei Jahren noch $2.50 pro Gallone, nun $4.50. Von den in Europa üblichen (umgerechneten) $9.57 pro Gallone sind wir freilich noch weit entfernt.
Folgerichtig sackten die Verkaufszahlen dieser Marken schlagartig ab, denn wenn's an den Geldbeutel geht, wird auch der Ami schlagartig zum Umweltengel. Allerdings sind die Marketingfritzen der Doofmobile aus amerikanischer Produktion auch nicht auf den Kopf gefallen: Damit die Kundschaft weiterhin Benzin gurgelt, legen die Autofritzen, wie neulich in einem Werbespot gesehen, jetzt beim Kauf eines Neuwagens auch noch Benzin zum garantierten Niedrigpreis von $2.99 pro Gallone drauf! Und zwar drei Jahre lang, bis zu einer festgelegten Maximalmenge pro Jahr.
Ein anderer Werbespot preist den jetzt noch größeren Tank eines Fahrzeugs an, damit man wenigsten nicht mehr so häufig zur Tankstelle muss, wenn's denn schon so schmerzt. Ohne Schmarr'n, der Slogan des Spots war tatsächlich "Less pumping, more driving". Man fasst sich an den Kopf. Umgekehrt tanken jetzt viele Amis aber nicht mehr voll sondern eben nur einen halben Tank. Spart enorm!
Lustigerweise muss man in den USA jetzt auch noch eine Strafsteuer zahlen, wenn man ein Auto kauft, das ungebührlich viel Benzin schluckt. Diese sogenannte "Gas Guzzler Tax" ist direkt auf dem Preisschild der Autos beim Händler ausgewiesen.
Video: Chrysler und Jeep zahlen beim Kauf eines Neuwagens beim Benzin drei Jahre lang drauf. |
Angelika Neben den von Michael beschriebenen Gimmicks der Autohändler überschwemmt man uns mit Tipps zum Benzinsparen. Da findet sich alles wieder von weniger fahren, über unnötigen Ballast aus dem Kofferraum zu entfernen, auf der Autobahn leicht unter der Geschwindigkeitsbegrenzung von 65 Meilen zu bleiben, den richtigen Luftdruck in den Reifen zu haben bishin zu regelrechten Absurditäten, wie zum Beispiel den Motor abzustellen, wenn man den Berg runterfährt. Letzteres löste allerdings einen sofortigen Aufschrei des AAA (dem amerikanischen ADAC) aus, weil es gefährlich ist. Allgemein sickert hier so langsam durch, dass die Benzinpreise auf lange Sicht hoch bleiben bzw. noch weiter steigen werden. Ich bin mir sicher, dass 10 Dollar pro Gallone in naher Zukunft winken (in Deutschland habt ihr, wenn man Gallonen in Liter und Dollars in Euro umrechnet, schon $9.57 pro Gallone Super).
Und siehe da, schon verändert sich das Verhalten dieser autoverliebten Nation. Die Fahrgastzahlen der öffentliche Verkehrssysteme wie der BART (U-Bahn in San Francisco und Umgebung), der Fähren, des CalTrains (Nahverkehrszüge, die zwischen San Francisco und San Jose verkehren) steigen und Fahrradverkäufer freuen sich über höhere Verkaufszahlen. Arbeitgeber klagen, dass potentielle Kandidaten Stellen ablehnen, die zu weit von ihrem Wohnort entfernt liegen und lange Anfahrten mit dem Auto erfordern.
Experten wie einer meiner Lieblingskolumnisten, Paul Krugman von der New York Times, sehen schon das Ende der amerikanischen Idee "Suburbia", also die Ansiedlung in sich immer stärker ausbreitenden Vorstädten. Denn die Zersiedelung der Städte hat in Amerika dazu geführt, dass bei fast allen Dingen des Alltags wie z.B. dem Einkaufen das Auto im Vordergrund steht und das drückt bei explodierenden Benzinpreisen auf den Geldbeutel.
Allerdings lässt sich die Infrastruktur nicht so leicht von heute auf morgen ändern, denn jahrelang hat niemand in das öffentliche Verkehrssystem investiert und lokale kleine Geschäfte wichen riesigen Shopping-Centern, zu denen jeder mit dem Auto fahren muss. Ich kann ja diesem Einheitsbrei von Vorstädten, denen so jegliche Orginalität fehlt und die von der Ost- bis zur Westküste gleich aussehen, nichts abgewinnen, wäre also heilfroh, wenn der Trend sich umdreht.
Leise Anzeichen dafür zeigen sich vielleicht auch in den Problemen der Kaffeehauskette "Starbucks". Ich erwähnte ja im letzten Rundbrief bereits, dass "Starbucks" die Auswirkungen des instabilen amerikanischen Häusermarktes und der Kreditkrise zu spüren bekommt (Rundbrief 05/2008), aber viele amerikanische Kunden scheinen sich mittlerweile auch an der Größe des Imperiums und den immer gleich aussehenden Läden zu stoßen. Sie frequentieren lieber kleinere Kaffeehäuser, die ein eigenes Flair und Ambiente haben.
Ein Bericht über Starbucks im Fernsehen zeigte neulich, dass Starbucks-Kunden mittlerweile den typischen Kaffeegeruch vermissen, da keine Bohnen mehr im großen Stil im Geschäft gemahlen werden. Auch das Schauspiel des Zubereitens der verschiedenen Kaffeedrinks nach der Einführung von neuen Espressomaschinen, über die der Kunde nicht mehr drüberschauen konnte, ging verloren. Beides versprach der Oberboss von Starbucks zu korrigieren, neben der Schließung von 600 Filialien, um die Krise abzuwenden.
Angelika Autofahren kann einen in San Francisco und Umgebung oft schier zum Verzweifeln bringen. Nicht nur der dichte Verkehr ist daran schuld, sondern die vielen Autofahrer, die scheinbar ihren Führerschein in der Lotterie gewonnen haben oder fahren, als ob sie gar keinen besitzen. Was in Kalifornien übrigens gar nicht so selten ist.
Kurzfristiges Parken in zweiter Reihe gehört zum Alltag, wobei ich es besonders liebe, wenn der Fahrer frech im Auto vor einer Ausfahrt hockt, aber nicht in die Ausfahrt reinzieht. Nein, man blockiert lieber eine ganze Spur. So als wäre man ganz alleine auf der Welt. Auch den Blinker betätigen die meisten nur nach Lust und Laune, eine kalifornische Krankheit, die sich auch Michael schon einverleibt hat.
Das Allernervigste ist allerdings das ständige Gequatsche am Handy während des Autofahrens. Meinen eigenen Erhebungen zu Folge traf das bis vor kurzem auf jeden dritten Autofahrer zu. Schon vor dem ersten Sichtkontakt aufs Handy am Ohr fallen einem die Laberer auf: Die unorthodoxe Fahrweise, abruptes Abbremsen, langes, unnötiges Stehen am Stoppschild, das Überfahren von roten Ampeln und das Übersehen von Fußgänger an Fußgängerüberwegen verraten sie.
Ich kann ein Lied von Beinahunfällen wegen der Handyplage singen. Und obwohl schon lange bekannt ist, dass das Benutzen des Handys während der Autofahrt zu vielen Verkehrstoten führt, gehört Kalifornien erst seit 1. Juli 2008 zu einem der fünf amerikanischen Bundesstaaten, in denen der Fahrer beim Autofahren nur noch mit einer eingebauten Freisprechanlage oder einem Knopf im Ohr telefonieren darf (deshalb auch der Slogan "Hands free").
Kalifornische Autofahrer unter 18 Jahre (Führerschein gibt's ab 16) dürfen nicht einmal mehr das. Lustigerweise vergaß der Gesetzgeber allerdings, das Versenden von SMS-Nachrichten explizit in das Gesetz mit aufzunehmen, da dieses Verfahren zum Zeitpunkt des Gesetzentwurfs noch nicht so populär war. Nun sollte man meinen, dass es der gesunde Menschenverstand verbietet, auf einer klitzekleinen Tastatur herumzutippen, während man am Steuer sitzt, aber mich wundert eigentlich nichts mehr. Ich lese ja schließlich auch kein Buch beim Autofahren.
20 Dollar kostet es beim ersten Mal, wenn der Autofahrer mit dem Telefon am Ohr erwischt wird, 50 Dollar beim zweiten Mal. Ich halte das ja für zu niedrig, aber angeblich belaufen sich die 20 Dollar in Wirklichkeit auf 76 Dollar wegen der Gebühren, die noch oben drauf geknallt werden, und die 50 Dollar schießen dadurch auf 190 Dollar rauf. Es gibt allerdings keine Punkte in der kalifornischen Verkehrssünderkartei für dieses Vergehen. Einige Komiker zogen übrigens arg über das Motto der freien Hände her und zeigten, was die Autofahrer jetzt alles anstellen können, weil sie nicht mehr das Handy am Ohr festhalten: auf dem Laptop herumklimpern, essen, Karten schreiben. Aber es ist schon echt lustig, was kalifornische Autofahrer im Auto so alles treiben. Neulich sahen Michael und ich einen, der sich hinterm Steuer mit der elektrischen Zahnbürste die Zähne putzte. Die Frage, die mich dabei quälte war, wo er sich den Mund auszuspülen gedachte.
Und noch ein Nachtrag zum letzten Rundbrief: Dort hatten wir gefragt, ob ihr die Antwort auf eine Frage aus Michaels Strafzettelprüfung gewusst hättet, nämlich wieviele Verkehrstote es 2005 aufgrund von Alkohl am Steuer in den USA gab. Zur Auswahl standen (a) 16.000, (b) 25.000, (c) 5.000 oder (d) 10.000. Richtig waren 16.000.
Und worauf muss man achten, wenn das Auto liegenbleibt und man es neben der Straße parken muss?" Mögliche Antworten waren (a) Auf hohes Gras achten, (b) den Kofferraum öffnen, (c) den Wagen in Richtung des entgegenkommenden Verkehrs abstellen oder (d) das Fernlicht einschalten. Richtig war (a). Denn wenn das Gras hoch und trocken ist und der Motor recht heiß, kann dies einen Grasbrand verursachen. Ohne Schmarrn, das war die richtige Antwort!
Michael Und noch ein Hinweis in eigener Sache: Zum zehnjährigen Jubiläum der Zeitschriftenkolumne, die ich jeden Monat für das deutsche Linux-Magazin schreibe, hat die Zeitschrift eine Art Home-Story veröffentlicht, die jetzt endlich auch Online verfügbar ist. Mit einigen Fotos wird da unser aufregendes Leben in San Francisco dokumentiert und meine heldenhaften Taten angepriesen. Ist recht gut geworden, finde ich, recht unterhaltsam und sogar alles relativ korrekt. Mein nächstes Ziel ist das Titelbild von "Capital", wenn ich endlich den großen Durchbruch mit einer Startup-Firma schaffe. Ich arbeite daran, aber ich kann nicht hexen!
Angelika Der Sommer ist da, der Dollar ist unschlagbar niedrig und das Tourismusbüro in San Francisco reibt sich die Hände, denn San Francisco steht immer noch hoch im Kurs bei amerikanischen und europäischen Touristen. Und da wir nicht wollen, dass ihr auf den ausgetrampelten Tourismuspfaden wandert, verrate ich euch heute einmal wieder einen kleinen Geheimtipp.
Die Golden Gate Bridge ist natürlich ein absolutes Muss auf der Checkliste eines jeden San-Francisco-Touristen und dem stimmen auch die Ortsansässigen zu. Jeder will die Brücke sehen und ist auf der Suche nach dem schönsten Fotomotiv. Kein Mensch, der in San Francisco wohnt, fährt aber zu dem offiziellen Aussichtspunkt, der stadtauswärts gleich rechts hinter der Brücke liegt, denn auf diesem kämpft ihr nicht nur mit den Tourbussen, sondern in der Hochsaison am Wochenende auch um einen Parkplatz.
Erst bei der nächsten Abfahrt "Alexander Avenue" fährt der Ortskundige runter und folgt dann den Schildern nach "Marin Headlands". Man gelangt auf die Conzelman Road, die den Berg hochführt und immer wieder fantastische Ausblicke auf Brücke und Stadt freigibt. Vorausgesetzt natürlich letztere liegt nicht im Nebel. Nur scheint das jetzt auch schon wieder in jedem Reiseführer zu stehen und am Wochenende ist man hier nicht gerade allein. Und auch bei uns Städtern ist das Marin-Headlands-Gebiet sehr beliebt zum Wandern und Radeln. Aber gleich hinter dem bevölkerten Aussichtspunkt "Battery Spencer" liegt ein bisschen versteckt und abseits von der Hauptstraße der Strand "Kirby Cove". Dorthin gelangt ihr nur, wenn ihr zu Fuß eine 1.6 Kilometer lange und relativ steile, von Eukalyptusbäumen gesäumte ungeteerte Straße herunterlauft. Das führt gleich zu einer gewissen Ausschussquote und verhindert so den Massenandrang. Der Weg endet an einem halbmondförmigen Strand, der als Hintergrundkulisse die Golden Gate Bridge und die Stadt San Francisco bietet. Falls ihr ganz abenteuerlustig seid, könnt ihr hier auch zelten, allerdings nur mit vorheriger Reservierung. Michael und ich haben das immer noch einmal vor. Dann berichten wir live vom Zeltplatz am Rande der Stadt.
Schöne Grüße!
Angelika & Michael
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