Neulich habe ich ein Buch verschlungen, das muss ich unbedingt weiter empfehlen. Der geistige Vater von "Freakonomics" ist Steven D. Levitt, ein Wirtschaftswissenschaftler, aber keiner von der gewöhnlichen Sorte. Anders als Millionen von BWL-Studenten, die ohne Gehirnleistung die Grundsätze von Adam Smith nachplappern, geht Levitt Fragen unvoreingenommen und mit wissenschaftlicher Sorgfalt an. Im Buch geht es nicht um Makro- oder Mikro-Ökonomie. Es geht um menschliche, allzu menschliche Reaktionen auf wirtschaftliche Stimuli.
Zum Beispiel beim japanischen Sumo-Wrestling: Bei den jährlichen Meisterschaften müssen die Kämpfer von 15 Kämpfen acht oder mehr gewinnen, um in der Liga zu bleiben. Da liegt die Frage nahe, wie sich typischerweise zwei Kämpfer trennen, von denen der eine bereits auf der sicheren Seite ist (mit acht oder mehr Siegen), während der andere (mit sieben oder weniger Siegen) noch unbedingt Punkte braucht. Wäre es denkbar, dass in solchen Situationen der Bessere mal Fünfe grade sein lässt und den Schwächeren gewinnen lässt? In der Tat, die Analyse der Daten bestätigt diese Hypothese.
Oder was war der Grund für den unerwarteteten Rückgang der Kriminalität in den USA in den 90er Jahren? War es die drastische Verschärfung von Gefängnisstrafen für selbst harmlose Straftaten? Erstaunlicherweise deutet vieles darauf hin, dass vielmehr die Legalisierung der Abtreibung (eine Supreme-Court-Entscheidung namens "Roe vs. Wade") einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung der Kriminalität leistete.
Derlei brisante Folgerungen stoßen natürlich besonders in den erzkonservativen USA auf tumultartigen Widerstand. Aber Levitt ist überhaupt nicht politisch interessiert, er zieht nur Rückschlüsse, die sich anhand von zuverlässigem Zahlenmaterial beweisen lassen.
Ein hervorragend geschriebenes Buch, von einem, der sich nur der Wahrheit verpflichtet sieht, egal, wie unbequem sie auch sein mag. Hut ab.