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  Rundbrief Nummer 40  
San Francisco, den 02.06.2002


Abbildung [1]: Oberstes Gebot: Schuhe ausziehen!

So wie es mir immer kalt den Rücken herunter läuft, wenn sich ein Amerikaner die Nägel in der U-Bahn schneidet, so ergreift den Japaner das Schaudern, wenn ein Tourist nicht im richtigen Moment seine Schuhe auszieht. In japanischen Wohnungen, in japanischen Restaurants, in Unterkünften im japanischen Stil (traditionelle Gasthäuser genannt Ryokan oder Minshuku), in Tempeln heißt es runter mit den Tretern. Berühren jegliche Art von Schuhen (auch Hausschuhe) die Tatami-Matten (Tatami-Matten = Matten aus Reisstroh, die wie ein Teppich den Fußboden bedecken), erbleicht der Japaner vor Schreck. Nun hört sich das ja zunächst wenig kompliziert an: Schuhe ausziehen -- kein Problem. Aber ich sage euch, dass ist eine Wissenschaft für sich, denn bevor man das Zimmer mit den Tatami-Matten erreicht, wechselt man am Eingang des betreffenden Etablissements in bereit gestellte Hausschuhe.

Abbildung [2]: Bereitgestellte Schlappen

Eine erhöhte Stufe kündigt den bevorstehenden Wechsel in die Hausschuhe an. Und schon geht es los mit dem Balanceakt, denn die Straßenschuhe dürfen auf keinen Fall auf die erhöhte Stufe und der strumpfsockige Fuß nicht den Boden berühren, der für die Straßenschuhe vorgesehen ist. Ich stellte mich dabei manchmal recht dämlich an, beobachtete aber die gleiche Verwirrung bei einigen japanischen Jugendlichen. Regale stehen dann zum Verstauen der Schuhe bereit. Mit den oft für uns viel zu kleinen Hausschuhen schlappten wir also durch die Gänge, uns gegenseitig ermahnend, ja aus den Hausschuhen zu schlüpfen, wenn wir auf eine Tatami-Matte traten. Wir vergaßen dabei allerdings oft, die Hausschuhe so auszurichten, dass man ohne sie umdrehen zu müssen wieder hineinsteigen kann (so macht es der Japaner). Eine besonders nette Variante sind die Toiletten-Hausschuhe. Ja, ihr ahnt es schon: Beim Betreten des Klos wechselt man in die so genannten "Bathroom-Slippers", widerliche Plastikteile. Wir warteten nur darauf, dass uns der Fauxpas passierte und wir mit den Toiletten-Hausschuhen außerhalb des Klos herumsprangen. Wie ein Wunder vergaßen wir aber nie, in die anderen Hausschuhe zu wechseln. Wir erinnerten uns nämlich an die Geschichte, die uns unsere Japanisch-Lehrerin in San Francisco erzählte. Sie trottete nämlich mit ihren Toilettenhausschuhen in den Tempel zurück, woraufhin gleich einige Mönche auf sie zusprangen und ihr die "unreinen" Hausschuhe von den Füßen rissen.

In unserem Japanisch-Kurs lernten wir auch, dass der Japaner sich nicht auf den Boden hockt, außer er ist mit einer Tatami-Matte bedeckt. Hier scheint aber ein deutliches Generationsgefälle vorzuliegen. Schulkinder und Teenager trafen wir häufig auf dem Boden sitzend an. Auf der anderen Seite beobachteten wir Japaner im mittleren und fortgeschrittenen Alter, die nicht einmal ihre Taschen auf dem Boden abstellten oder eine Zeitung unter ihre von Schuhen befreiten Füße im Zug legten, damit die Strümpfe nicht direkt den Boden berührten.

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