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Angelika/Mike Schilli |
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Michael Immer wenn ich im Urlaub mit dem Auto durch Deutschland fahre, schalte ich unmittelbar auf Defcon Eins, denn es gilt, Radarfallen rechtzeitig zu erkennen. Oft hat ein unscheinbares Dorf in Hinterpfuiteufel eine stationäre Kamera installiert, um bei uns Touristen abzukassieren, und Städte wie München oder Augsburg sind regelrecht zugepflastert mit Blitzern. Ganz zu schweigen von den mobilen Trupps, die an den unmöglichsten Stellen Blitzer aufstellen.
Dass dergleichen Überwachungsstaatsmethoden bei uns in San Francisco Einzug halten würden, hätte ich bis vor kurzem nicht für möglich gehalten. Aber unser Gouverneur Gavin Newsom unterzeichnete 2023 den Gesetzesvorschlag Assembly Bill No. 645, und damit war der rechtliche Grundstein für die Blitzkameras gelegt. Die Mühlen der Stadtverwaltung laufen bekanntlich im Schneckentempo, aber im März 2025 waren dann alle 33 Kameras des "Pilotprojekts" in San Francisco installiert. Bürgermeister und Stadträte weihten sie mit großem Trara unter dem Motto "Speed Safety" ein. Noch sind erst wenige der Blitzer aktiviert, und auch die schicken bislang nur Warnbescheide ohne Geldbußen per Post an die Fahrer. Die Webseite der zuständigen Behörde zeigt den aktuellen Status aller 33 aufgestellten Blitzkameras (Abbildung 3).
Damit es keinem ertappten Autofahrer einfällt, gegen die Radarfallen zu klagen, stehen einige Meter vor den Kameras jeweils große Schilder mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sowie dem Verweis "Photo Enforced" (Abbildung 4).
Das Ganze hat natürlich den Haken, dass rasende Kriminelle mit gestohlenen Autos gar nichts zahlen. Und, typisch für San Francisco, gilt Zwei-Klassen-Recht: Normalverdiener werden doppelt so hart bestraft wie arme Leute, denn rasende Geringverdiener bekommen offiziell 50% Nachlass (Abbildung 5).
Der Tabelle aus Abbildung 5 könnt ihr entnehmen, dass die Stufung offensichtlich von jemandem festgelegt wurde, der noch nie selbst Auto gefahren ist. Die Strafe für einen Kamikaze-Raser, der mit über 100mph (160 km/h) durch die Stadt rauscht, beträgt nur $500, oder eben $250 bei geringem Einkommen! Noch wurden, wie gesagt, keine Bußgeldbescheide versandt.
Laut einer Studie der städtischen Verkehrsfritzenbehörde SFMTA (San Francisco Municipal Transportation Agency) überschritten pro Tag 42.210 Fahrer die zugelassene Höchstgeschwindigkeit um mehr als 11 Meilen pro Stunde und weitere 7.000 fuhren 16 bis 25 Meilen pro Stunde zu schnell. Und gemessen wurde anscheinend nur an einem der 33 Kamera-Standorte! Nun wollen es die Gesetze des Bundesstaates Kalifornien, dass die Behörde Bußgeldbescheide nicht automatisch verschicken darf. Jedes Ticket muss von einem Mitarbeiter manuell geprüft werden. Das gäbe bei zwei Minuten Prüfzeit pro Ticket etwa 200 neuen städtischen Mitarbeitern Brot und Arbeit. Und die Stadt braucht dringend ein Wirtschaftswunder!
Anders als Radarfallen in Deutschland identifizieren die neuen Kameras in San Francisco nicht den Fahrer, sondern nur das Kennzeichen des zu schnell fahrenden Fahrzeugs. Das Strafmandat geht anschließend an den bei der Verkehrsbehörde registrierten Halter des Fahrzeugs. Fühlt der sich nicht angesprochen, kann er schriftlich Einspruch erheben und den wirklichen Fahrer nennen. Das erscheint mir rechtlich wackelig, ist aber angeblich zulässig, da es sich nur um Verstöße nach Zivilrecht handelt. Die geschnappten Raser zahlen Geldbußen an die Stadt, bekommen aber keine Punkte aufgebrummt. Auch der Versicherung des Fahrzeughalters wird nichts mitgeteilt, anders als bei polizeilich erstellten Bußbescheiden.
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