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  Rundbrief Nummer 108  
San Francisco, den 14.09.2014


Abbildung [1]: Das Postamt in unserem Viertel.

Michael Trotz vehementer Konkurrenz von Seiten privater Anbieter wie UPS und Fedex bietet die amerikanische Post aus historischen Gründen immer noch unschlagbare Preise beim Versand von Briefen und Päckchen an. Dass ein Brief immer noch 49 Cents kostet, egal ob der Postbote ihn um die Ecke zustellt oder der Umschlag fast 10.000 Kilometer nach Hawaii fliegen muss, wissen Postnutzer sehr zu schätzen, auch wenn diese Schleuderpreise die staatliche "USPS" (United States Postal Service) genannte Bundespost der USA langsam aber sicher in die Insolvenz treiben (Rundbrief 09/2011).

Aber auch viele Amerikaner wissen nicht, dass man kleine Päckchen als sogenannte "First Class Packages" landesweit sehr billig verschicken kann. Anfänger zahlen je nach Entfernung zwischen $5.60 und $6.95 für eine Zustellung des Päckchens als "Priority Mail", aber der mit dem Kreuzer rechnende Fachmann achtet darauf, dass das Gewicht der Sendung 13 Unzen nicht übersteigt (368g), und zahlt dann zwischen $2.30 und $4.25.

Abbildung [2]: Der gelbe Polsterumschlag kostet mehr als einen Dollar, der graue nur 20 Cents.

Gewicht schinden kann man bei verschickten Waren, die eh schon ein paar hundert Gramm wiegen, dadurch, dass man sie nicht in bleischwere Kartons verpackt, sondern in sogenannte Bubble-Wrap-Umschläge steckt (Abbildung 8). Diese wiederum kauft der Anfänger bei der Walgreens-Drogerie um die Ecke und muss dafür $1.50 berappen, während der Fachmann einen ganzen Karton mit hundert Stück auf Ebay bestellt und pro Umschlag dann nur noch 20 Cents zahlt. Aber Achtung, die Kiste mit den Umschlägen misst fast einen halben Kubikmeter!

Abbildung [3]: Auf Paypal kann man fürs Päckchenporto zahlen und das Etikett ausdrucken.

Wer allerdings denkt, dass ein gepolsterter Umschlag als Brief durchgeht, weil er dünner als die maximal erlaubte Dicke von 1.905cm ist, hat sich geschnitten. Unser Postbeamter hat mir mal erklärt, dass ein gepolsterter Umschlag niemals als "Large Envelope" durchgeht, sondern er dafür immer die Gebühren für ein "First Class Package" einkassiert. Wer Online zahlt, kriegt Rabatt, allerdings wird die Website der USPS von Kasperlköpfen betrieben und es ist fast unmöglich, dort das Porto zu zahlen. Fachmänner gehen dazu auf die geheime Shipping-Seite von Paypal und zahlen dort mit ihrem Paypal-Account oder Kreditkarte und bekommen ein Etikett zum Selbstausdrucken, das anschließend aufs Päckchen geklebt wird (Profis drucken auf selbstklebenden Etiketten). Absender und Empfänger stehen gleich mit drauf.

Noch billiger als das "First Class Package" sind übrigens Büchersendungen, die bei der amerikanischen Post als "Media Mail" firmieren. Damit kann man nicht nur Papierschwarten sondern auch DVDs und CDs trotz beinschwerer Luxusschuber für ein paar Dollar bis ans andere Ende der USA schicken. Allerdings behält sich die Post das Recht vor, die Sendung aufzumachen, und nachzuprüfen, ob tatsächlich nur Datenträger drin sind. Außerdem lässt sie die Pakete nach meiner Erfahrung anscheinend aus Trotz teilweise wochenlang rumliegen, bevor sie sie von einem Lastwagen auf den anderen umlädt. Kommen die Kartons beim Empfänger an, sehen sie oft aus, als wären Elefanten darauf herumgetrampelt.

Abbildung [4]: Der Briefkasten am unserem Postamt in Noe Valley wird regelmäßig geleert.

Als zusätzliche Schikane haben die Postbürokraten übrigens die Regel eingebaut, dass man nur Päckchen bis zu 13 Unzen (368g) Gewicht frankiert in den Briefkasten einwerfen darf. Schwerere Sendungen muss man persönlich zum nächsten Postamt bringen. Dazu muss man wissen, dass es in amerikanischen Postämtern zumindest in den Metropolen extrem bräsig zugeht, und man den Betrieb dort straflos als "Servicewüste" bezeichnen darf.

Mir versaut zum Beispiel nichts so schnell den Tag, wie wenn ich am Abend einen Zettel an unserem Briefkasten finde, mit der Nachricht, dass der Postbote ein Päckchen nicht zustellen konnte und ich es am Postamt abholen muss. Das heißt nämlich, dass ich am nächsten Samstag nicht etwa zu unserem fünf Straßen weiter gelegenen Postamt in Noe, sondern durchs Stadtgebirge von San Francisco zum Postamt auf der 18th Street im Stadtteil Castro fahren muss, und vor mir in der Schlange etwa fünf Personen stehen, die sich alle aufregen, warum die Schnarchzapfen, die die Schalter bedienen, noch niemand rausgeworfen hat. Bis ich drankomme, vergehen dann gut und gerne 20 Minuten, aber zum Glück haben alle Smartphones heutzutage eine Kindle-App, auf der man Romane lesen kann.

Abbildung [5]: Auf der USPS-Website erscheinen für ein normales Päckchen erstmal völlige Mondpreise, um die Kunden zu verscheuchen.

Gibt man ein vorfrankiertes Päckchen am Postamt ab, wird man allerdings bei den etwas besser organisierten Zweigstellen meist durchgewunken. Bei unserem Postamt kennen mich die meisten Angestellten auch schon und wenn ich trotz langer Schlangen zur Tür reinkomme, mit einem Paket rumfuchtle und in Richtung Schalter rufe, ob es in Ordnung ist, wenn ich die Sendung auf die Mitarbeiterseite eines unbesetzten Schalters lege, nicken sie meist und ich muss mich nicht lange anstellen.

Das Porto für "First Class Packages" berechnet sich nach Gewicht. So kostet ein Päckchen, das 5 Unzen wiegt (142g), $2.68, egal, ob man es von San Francisco aus in einen Nachbarort im Silicon Valley verschickt oder ans andere Ende Amerikas an die Ostküste nach New York City. Wiegt das Mini-Päckchen hingegen 13 Unzen (368g), kostet der Spaß $4.12, das ist ein Schlagerpreis für Ebay-Verkäufer!

Abbildung [6]: Am Schalter kann es sein, dass irgendein Rentner stundenlang Briefmarken aussucht.

Zeigt die Waage allerdings mehr als die magische Zahl von 13 Unzen, aber noch weniger als ein amerikanisches Pfund (16 Unzen oder 453g) an, geht das Päckchen für $5.60 als "Priority Mail" in den Nachbarort und für $6.95 quer durch Amerika. Wiegt es allerdings mehr als ein Pfund, könnte es genausogut zwei Pfund wiegen, und die weite Strecke kostet dann horrende $11.25. Wiegt der Postbeamte am Schalter ein Paket und das Gewicht ist nur eine halbe Unze (14g) über der Grenze, verlangt er eiskalt die nächste Gebührenstufe. Das sonst in Amerika übliche Augenzudrücken ist den Postbeamten fremd.

Eine Regel, die ich bis vor kurzem noch nicht kannte ist das Format von Postkarten oder Briefumschlägen, damit diese als "machinable", also automatisch verarbeitbar gelten. Angelika schickte neulich eine Geburtstagskarte im Umschlag nach Deutschland los, die 6 mal 7 Inch groß war, also fast quadratisch. Obwohl ihr Gewicht das einer normalen Briefsendung von 1 Unze (28g) nicht überschritt, kostete sie nicht $1.15 wie normale Briefe nach Deutschland sondern $1.35, weil sie nicht rechteckig genug, sondern zu quadratisch war. In Abschnitt 201.2.0 des Postregelwerks steht nämlich, dass Länge und Breite einer Sendung nicht nur gewisse Mindestwerte nicht unter- und Maximalwerte nicht überschreiten dürfen, sondern das Verhältnis von Länge zu Breite auch größer als 1,3 zu sein hat. Ein 6 mal 7 Inch großer Umschlag hat aber nur ein Seitenverhältnis von 1,17, also kostet er mehr, denn er ist nicht "maschinable".

Abbildung [7]: Das selbstgedruckte Etikett auf dem USPS-Päckchen.

Wer das Porto selbst ermitteln kann und online zahlt und das Etikett selbst ausdruckt, kriegt auf Ebay oder Paypal oft 10-20% Rabatt. Das geht natürlich nicht bei international verschickten Paketen, dazu muss der Kunde persönlich im Postamt antanzen und einen im Internet nicht erhältlichen Zollinhaltserklärungszettel ausfüllen, dessen Inhalt dann der Schalterbeamte von Hand in seinen Computer eintippt, und anschließend den Zettel auf das Päckchen klebt. Geht das Paket dann übrigens nach Deutschland, lässt es der deutsche Zoll nach meinen Erfahrungen dort vier Wochen in staubigen Kellern herumrumliegen, und übelgelaunte Spürhunde schnüffeln und wühlen während dieser Zeit nach Herzenslust darin rum, bevor es endlich ein Paketausträger in die Hand bekommt. Die Erörterung der Frage, ob der deutsche Zoll tatsächlich eine Gruppierung ist, die zwar von deutschen Steuerzahlern finanziert wird, aber keinerlei rechtsstaatlicher Kontrolle unterliegt, hebe ich mir für einen der nächsten Rundbriefe auf.

Abbildung [8]: Amazon.de schickt keine Kosmetikprodukte mehr nach Amerika.

Übrigens sagt der Amerikaner zum Versenden von Waren immer noch "Shipping", obwohl Pakete auch international kaum noch per Schiff transportiert werden, außer natürlich es handelt sich um ein Riesentrumm wie zum Beispiel eine Kreissäge. Es könnte allerdings sein, dass die Paketpost per Dampfer bald wieder in Mode kommt, denn die völlig überzogenen Beschränkungen im Luftverkehr nehmen in Amerika immer narrischere Dimensionen an. Seit neuestem weigert sich schon Amazon.de, Kosmetikprodukte wie Shampoo-Fläschchen (Abbildung 8) in die USA zu schicken!

Grüße aus dem Behördenparadies:

Angelika & Michael

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Letzte Änderung: 17-Feb-2015