Angelika/Mike Schilli |
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Dann ging's um Fünf mit einem Boot auf die Nachbarinsel Moorea, wo unser Bungalow wartete. Wir mussten uns etwas länger als die anderen gedulden, bis wir einziehen konnten, aber wir kriegten den ganz draußen im Ozean, juchu (siehe Pfeil)! Die meiste Zeit lungerten wir nur auf der kleinen Terasse herum, wo man schön zum Lesen im Schatten sitzen konnte und immer ein leichter warmer Wind wehte (Abbildung 4).
Englisch wird zwar überall gesprochen, wo Touristen sich im allgemeinen aufhalten, aber sobald man sich abseits der ausgetretenen Pfade begibt, tönt einem schon mal ein "Je ne parle pas Anglais!" entgegen. Wir haben ja beide für mindestens fünf Jahre in der Schule Französisch gelernt, stellten aber mit Entsetzen fest, dass wir keinen vollständigen Satz mehr rausbrachten. Ich selbst hatte ja in Französisch in der Schule bekanntlich immer einen Vierer mit Tendenz zum Fünfer, insofern machte ich mir von Anfang an keine großen Hoffnungen. Aber es ging auch so ganz gut, mit "Bonjour", "Merci", "Je voudrais ..." und "L'addition s'il vous plait" schlugen wir uns durch. Auch die ganze Lebensart ist ganz unamerikanisch, im Supermarkt muss man seine Einkäufe wieder selbst einpacken, die Geschäfte machen eineinhalb Stunden Mittagspause und, ob man etwas kauft oder nicht, ist den Damen und Herren dort unten, die sich meistens nur mit Tüchern umwickeln und in Badelatschen herumschlappen, völlig schnurz.
Eines Tages unterhielten wir uns vor dem Hotel auf Deutsch, da sprach uns ein Fremdenführer an, der so ungefähr in unserem Alter war, also so um die 24, hehe. Er stammte, wie sich herausstellte, aus Oldenburg! Wir fragten, ob's denn hier für die Einheimischen nicht sehr teuer wäre, schließlich kosten sechs kleine Flaschen Bier dort fast 10 Dollar (in Amerika übrigens auch). Er meinte, die Sachen im Supermarkt seien zwar teuer, aber sonst biete die Natur ja alles, man kann jederzeit mit einer Harpune fischen gehen, eine halbe Stunde, schon hat man ein kostenloses Abendessen. Die Kokosnüsse, die von den Palmen fallen, kann man aufklauben und essen. Und ein Haus besteht dort nur aus einem Wellblechdach, das gibt's entsprechend billig. Und der Strand ist für alle da (Abbildung 5), ganz mit schneeweißem Sand. Wir haben Schulklassen gesehen, die Schwimmunterricht im Ozean hatten -- da würde sogar ich gerne wieder zur Schule gehen!
Eines Tages mieteten wir uns ein Auto, um die Insel zu erkunden. Das war etwas teuer (180 Dollar für zwei Tage, in Amerika zahlt man vielleicht 100), aber als ich das Auto sah, bekam ich beinahe einen Lachkrampf: Ein Daewoo, ein koreanisches Auto, mit vielleicht 40 PS (Abbildung 6), bei dem wir jedesmal, wenn ich die Kupplung drückte, Angst haben mussten, es würde auseinander brechen.
Auf Moorea (der Name bedeutet übrigens "gelbe Eidechse" in der Eingeborenensprache und spielt auf eine alte Sage an) gibt's eine besondere Ananas-Art, die nur auf dem fruchtbaren Vulkanboden wächst, kleiner als die hawaiianische Ananas, ist sie ganz süß und wir kamen sogar mal an einer Plantage vorbei, auf der aber weit und breit niemand arbeitete. Man erklärte uns, die Tahiti-Ananas wäre nicht für den Export bestimmt, nur für den lokalen Gebrauch (Abbildung 7).
Das hätte ewig so weitergehen können, aber nach einer Woche mussten wir wieder zurück in die USA, die Arbeit wartete. Das ging gar nicht so einfach, denn im Gegensatz zu Angelika bin ich ja seit drei Jahren nicht ausgereist, aber unser Visum hatte sich ja zwischenzeitlich geändert, weil ich ja von Blaxxun zu AOL gewechselt bin. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, hätte nicht die Einwanderungsbehörde die fragwürdige Vorschrift, dass ein Visumstempel nur außerhalb des Landes in den Pass wandern darf, auch wenn der sonstige Papierkram längst erledigt ist. Ohne Visumstempel darf man dann zwar ausreisen, aber nicht mehr ein. Nachdem es in Tahiti keine amerikanische Botschaft gibt (die nächste ist in Fiji), nahm Angelika bei ihrem letzten Deutschlandbesuch im Winter dieses Jahres kurzerhand meinen Pass mit nach Deutschland mit, und die Botschaft in Frankfurt erneuerte -- oh Wunder -- den Stempel, obwohl der Passbesitzer gar nicht körperlich anwesend war: Sternstunden der Visumstechnik. Das war für den Einreisebeamten in Oakland aber dann zuviel: Jemand, der, aus Tahiti kommend, zwar ein in Deutschland erneuertes Visum aber keinen sonstigen US-Einreisestempel im Pass hatte -- verwirrt fragte er nach, und wir hoben an, mit einer riesigen Schlange zurückkehrender Urlauber im Rücken, die Geschichte der Visumserneuerung zu erzählen. Schließlich knallte der Beamte kopfschüttelnd seinen Stempel in den Pass und wir machten, dass wir weiterkamen -- uff! Einreisen in die USA -- immer wieder ein Abenteuer.
Eine Sozialversicherung gibt's noch, die "Social Security Tax", die 6.2% vom Einkommen beträgt, bis zu 65.000 Dollar Jahresgehalt, und als Alters- und Invaliditätsversicherung herhält. Sie sichert allerdings nur eine minimale Rente auf Sozialhilfeniveau, und niemand, der bei klarem Verstand ist, verlässt sich auf sie, jeder legt privat Geld zur Seite, um den Ruhestand finanziell abzusichern. Der Staat bietet mit dem sogenannten 401K-Plan steuerliche Vorteile an, man kann also das Geld relativ steuerfrei zurücklegen. Witzigerweise ruht so fast das ganze amerikanische Ruhestandsgeld in Aktienfonds, bei einem Crash des Aktienmarkts bräche das gesamte amerikanische Rentenversicherungssystem zusammen wie ein Kartenhaus. Aber in den letzten dreißig Jahren oder so ist's mit den Aktien immer nur aufwärts gegangen und so rechnet jeder damit, dass es auch die nächsten dreißig Jahre so weitergeht.
Auch eine staatliche Krankenversicherung gibt's: Man zahlt 1.45% vom Bruttolohn und dann springt die sogenannte "Medicare" ab dem Rentenalter (65, 67 für diejenigen, die nach 1960 geboren sind) ein. Außerdem stellt Medicare für Sozialhilfeempfänger, die chronisch krank sind, die notwendigsten Leistungen bereit. Sonst gibt's keine Pflichtversicherung für den Krankheitsfall, was zur Folge hat, dass ein Drittel der Amerikaner keine Krankenversicherung haben und, falls sie ernsthaft krank werden, wirklich betteln gehen können -- was man auf den Straßen zur Genüge sieht.
(Michael) Womit wir immer noch Schwierigkeiten haben, ist, passende Möbel für unsere Wohnung zu finden. Es gibt hier in Amerika zwei Stilrichtungen: Einmal den rustikalen mit Vier-Meter-Eichen-Schrankwand und Ledercouch oder Sachen der Marke Billig-Klump. Ich neige ja eher zu letzterem, wohingegen Angelika auch gerne mal schönere Sachen um sich hat. Wir leben ja noch immer von heute auf morgen, weil wir nie wissen, ob wir nicht urplötzlich mal überstürzt abreisen müssen und dann hätten wir den ganzen Krempel teuer zu verschiffen. Halt, eine Stilrichtung habe ich noch vergessen: Den 1000-Dollar-Schrank-aber-die-Türen-gehen-nicht-richtig-zu-Stil, der besonders in neumodischen Yuppie-Geschäften vertrieben wird. So ist es uns bis jetzt nicht gelungen, ein dringend benötigtes Regal zu kaufen -- doch es ist Hoffnung in Sicht: Im Frühjahr 2000 soll in Berkeley ein riesiger IKEA aufmachen! Mann, ich kann's nicht erwarten.
(Michael) Unser Fernseh' hatte nach drei Jahren einige schwere Macken, so beliebte es ihm, nur noch die Programme 7 bis 50 darzustellen. Nachdem in Amerika aber in den oberen Kanälen nur Schrott und Verkaufsshows kommen, während die interessanten Dinge in den unteren Kanälen (so auch unsere Lieblingsshow "Seinfeld") laufen, standen wir vor dem Dilemma, ihn reparieren zu lassen, was hier recht schwierig ist, da gute Handwerker rar sind, oder uns ganz der amerikanischen Wegwerfgesellschaft hinzugeben und einen neuen zu kaufen. Als Angelika in Portland war, nutzte ich die Gunst der Stunde, und fuhr die Elektronik-Supermärkte des Silicon-Valley nach dem günstigsten Angebot ab. Einmal, bei "The Good Guys" nahm der Verkäufer schon meinen Namen und Adresse entgegen, um darauf zu behaupten, der von mir georderte Fernseher wäre nicht vorrätig. Von dem supergünstigen Angebot wären heute nur 3 verfügbar gewesen, und zwar für alle Filialen im ganzen Silicon Valley. Das Modell könne erst in 3 Wochen geliefert werden, aber er würde mir gerne die teueren Modelle vorführen. Denkste Puppe, dachte ich und verließ den Laden.
Und sogar handeln kann man: Wenn man sagt, dass der Konkurrenzladen ein entsprechendes Angebot hat, wird der Laden, in dem man gerade ist, das Produkt immer genauso niedrig anbieten. Als ich dann beim "Circuit City" den Fernseher nach langwierigen Diskussionen endlich so billig bekam, wie er ausgeschrieben war, bot mir der Verkäufer eine verlängerte Garantie an. Hätte ich 100 Dollar mehr gezahlt, wäre die Garantiezeit auf 3 Jahre ausgedehnt worden. Als ich sagte, das wollte ich nicht, machte der Verkäufer ein verdrießliches Gesicht und fragte, ob ich mir das auch gut überlegt hätte, er würde nicht gerne sehen, dass mir die Kiste zusammenbräche, etc. aber ich blieb hart, so weit kommt's noch, dass ich eine Garantie für ein neues Produkt kaufe. Die Lieferung war übrigens kostenlos und der alte Fernseher wurde gleich mitgenommen. Und auch eine Preisgarantie gab's: Wenn es mir gelänge, innerhalb von 30 Tagen den Fernseher bei einem Konkurrenten oder auch im gleichen Laden billiger zu erspähen, zahlte mir "Circuit City" die Differenz plus 10% Bonus. Es gelang mir nicht. Bisher funktioniert alles wunderbar -- die 83cm Bildschirmdiagonale sind der reine Fernsehgenuß!
(Michael) Da ich auch nicht mehr der Jüngste bin und angeblich, wie mir Angelika immer wieder einzureden versucht, Fett ansetze, habe ich mich eines samstags ins Auto gesetzt und kurzerhand beim Fitness-Center angemeldet. 24-Hour-Fitness heißt der Laden, eine Kette, die in vielen Städten der USA vertreten ist und, wie der Name sagt, 24 Stunden am Tag geöffnet ist. Man könnte also auch nachts um Drei Gewichte heben, wenn man das wollte, das war mir wichtig, haha. Ich bin ja fitnessmäßig überhaupt nicht auf dem Laufenden und es ist ja wirklich erstaunlich, wie computerisiert die Gerätschaften heutzutage sind. Im Center stehen Hunderte von Geräten rum, es gibt die guten alten Gymnastikfahrräder auf denen man rumstrampelt, aber die sind natürlich heute alle computergesteuert. Wenn man sich auf ein Gerät draufsetzt, muss man zunächst sein Alter und die gewünschte Herzfrequenz eingeben, dann strampelt man los und der Computer macht das Fahrradfahren gerade so schwer, dass der Puls, der mit raffinierter Technik über die Hände, die Griffe umfassen, gemessen wird, nach einer Aufwärmphase langsam ansteigt, die eingestellte Höchstmarke erreicht und die eingestellte Zeitspanne hält und nicht überschreitet. Auf den Skalen rattern dann, während man strampelt, unzählige Messwerte vorbei: Wieviele Kalorien pro Stunde man jetzt genau verbrennt, wieviele Meilen man schon gefahren ist usw. Weiter gibt's die Stepmaster, wo einem eine Rolltreppe entgegenkommt und man hochlaufen muss, auch alles computergesteuert. Stepper, wo man auf zwei Pedalen steht, und auch wie auf einer Treppe hochläuft, da kann man dem Computer richtige Gebirgstrecken vorgeben, wo steile Passagen sich mit flacheren abwechseln.
In der Aufnahmegebühr waren zwei Stunden mit einem "Personal Trainer" enthalten, das ist der neueste Gag in Amerika. Man geht nicht einfach ins Fitnessstudio, sondern nimmt sich einen Trainer, der sich exklusiv nur um einen selbst kümmert, der ausrechnet, bis zu welcher Herzrate die Gymnastik gesund ist und nach den Wünschen ("Ich hätte gerne einen flacheren Bauch und aufgepumpte Oberarme wie Til Schweiger"), ein Programm zusammenstellt, einen auf Schritt und Tritt begleitet und laufend Tipps abgibt, wie man einen effektiveren "Workout" hinlegt. Wenn man nicht auf der Straße joggen will, kann man im Fitnesscenter in einer Tretmühle laufen, da läuft ein Fließband mit voreingestellter Geschwindigkeit und auch Berg- und Talstrecken lassen sich dort einstellen. Als ich das erste Mal auf dem Band stand, war es mir zunächst zu langsam und ich drückte wie wild auf den "Schneller"-Knopf, freilich nicht wissend, dass das Band nur sehr langsam beschleunigt aber die Tastendrücke speichert. So wurde das Band immer schneller, ich begann schneller und immer schneller zu laufen, bis ich schließlich wie wild auf die "Langsamer"-Taste hämmern musste, damit's mich nicht aus der Tretmühle katapultierte. Während man auf den Maschinen herumwerkelt, lesen übrigens viele Leute Bücher oder hören Walkman, und auch Fernseher stehen überall herum. Die Beleuchtung gewährt den Passanten, die draußen auf der Straße vorbeigehen, ein lustiges Bild, lauter Leute, die in Tretmühlen und ähnlichem Gerät strampeln. Mein persönlicher Trainer heißt übrigens "Juan Carlos", ganz wie der König von Spanien und ist Mexikaner, von oben bis unten tätowiert, fand ich bombenwitzig. Und als er mir in der Gewichtehalle die ganzen Gerätschaften zeigte, begrüßten ihn die ganzen Muskelmänner dort, allesamt finster dreinschauende Bösewichte, denen ich nicht im Dunkeln begegnen möchte. Aber der kleine Michael hatte ga-ha-r kei-ne Angst, denn er hatte ja seinen persönlichen Trainer dabei, lalala! Zurück ins Funkhaus, Angelika, übernehmen Sie!
(Angelika) So, jetzt bin ich aber auch einmal dran. Zunächst will ich den glücklichen Gewinner unseres letzten Quizzes bekanntgeben. Wir gratulieren herzlich Martin Weishaupt, der zielsicher und schnell alle bewohnten Inseln Hawaiis benennnen konnte (Hawaii oder Big Island, Maui, Kauai, Molokai, Oahu, Lanai, Niihau) und sich somit ein echtes Surfer-T-Shirt von der Firma Quiksilver sicherte. Und auch dieses Mal wollen wir wieder eure Weltoffenheit auf die Probe stellen. Unsere Quizfrage lautet nämlich: Wie sagt man auf tahitianisch "danke"? Wer das Rätsel knackt, bekommt ein Geschenk ins Haus, das euch Silvester verschönern wird, denn schließlich ist es ja nicht mehr weit bis zum Jahr 2000 - oh, Schreck. Bis dahin muss ich aber noch zwei Abschlussprojekte für meine Fotokurse fertigstellen (für beide Kurse jeweils 10 Fotos, perfekt vergrößert, retouchiert und mit einem Passepartout versehen), zwei dieser "Meisterwerke" (hm ja) werden nämlich wieder von Januar bis Februar in den Hallen der Universität Berkeley Extension in San Francisco ausgestellt. Möbel
Neuer Fernseh
Fitness-Studio
Rätsellösung
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