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Rundbrief
  Rundbrief Nummer 98  
San Francisco, den 03.11.2012
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Abbildung [1]: Der Button für Wähler der Presidentenwahl 2012 Foto: League of Women Voters of California

Angelika Am 6. November ist es wieder soweit. Das Land wählt einen neuen Präsidenten. Ihr wisst es längst: Zur Wahl stehen der Republikaner Mitt Romney und der amtierende Präsident und Demokrat Barack Obama. Seit Monaten verfolgen wir den Wahlkampf. Den Oktober prägten die Debatten zwischen den Kandidaten. Es gab insgesamt vier; drei zwischen Mitt Romney und Barack Obama und eine zwischen den beiden potentiellen Vizepräsidenten Joe Biden und Paul Ryan.

Die Debatten folgen einem vorher streng festgelegtem Format. So beschäftigte sich die erste Debatte zwischen Obama und Romney mit innenpolitischen Themen. Sie fand in Denver im Bundesstaat Colorado an der "University of Denver" statt. Es moderierte der Journalist Jim Lehrer von dem öffentlichen Fernsehsender PBS. Die Debatte bestand aus sechs Segmenten, die jeweils ungefähr 15 Minuten dauerten. Jim Lehrer eröffnete jedes Segment mit einer von ihm kreierten Frage und dann durften beide Kandidaten zunächst zwei Minuten lang antworten. Alle Themen, allerdings nur die Themen und nicht die Fragen Lehrers, wurden vorher veröffentlicht, d.h. beide Politiker konnten sich auf die Themen vorbereiten.

Abbildung [2]: Wahlkampf-Aufkleber auf der Stoßstange eines Bürgers in San Francisco.

Die zweite Präsidentschaftsdebatte gab es im Bundestaat New York an der Hostra University in Hempstead und sie folgte dem Modell einer Bürgerversammlung. 82 unentschlossene, vorher ausgewählte Wähler durften Mitt Romney und Barack Obama Fragen stellen. Die Fragen waren der Moderatorin Candy Crowley vom Fernsehsender CNN bekannt, aber nicht den Kandidaten. Wieder hatten beide Politiker jeweils zwei Minuten zur Verfügung, um die Frage aus dem Publikum zu beantworten und dann eine weitere Minute für eine Diskussion. In der dritten und letzten Debatte zwischen Romney und Obama ging es um die amerikanische Außenpolitik. Das Format war identisch mit der ersten Debatte, allerdings moderierte Bob Schieffer vom Fernsehsender CBS. Die Debatte fand in Florida an der Lynn University in Boca Raton statt. Ryan und Biden diskutierten über Innen- und Außenpolitik am Centre College in Danville in Kentucky.

Abbildung [3]: Ein paar Obama-Plakate im Fenster eines Hauses in San Francisco.

Ich habe mir alle Debatten angeschaut. Ich muss sagen, dass das Ganze etwas unbefriedigend war, denn Obama und Mitt Romney lieferten sich stets den gleichen Schlagabtausch: Wirtschaftslage, Steuern, Entlastung der Mittelklasse, Obamacare. Selbst als es um Außenpolitik ging, lenkten beide die Diskussion wieder auf die amerikanische Wirtschaft und die Jobsituation im Land.

Nichts wurde richtig ausdiskutiert oder im Detail beleuchtet. Wichtige Themen fielen unter den Tisch, wie z.B. der Klimawandel und die Eurokrise. Im Prinzip verkommen die Debatten immer mehr zu einer Werbeveranstaltung, in der es nur noch darum geht, wer sich am besten verkauft. Mitt Romney scheint allgemein das Modell des Marketings und der Marktwirtschaft auf seinen Wahlkampf anzuwenden. Was immer der Markt will, also die Wähler, biete ich an. So stellte er sich in den Vorwahlen als konservativer Prinzipienreiter dar, um die streng konservative Basis der Partei auf seine Seite zu ziehen, während er jetzt versucht, die mehr moderaten Wähler zu erobern, denn ohne die kann er die Wahl nicht gewinnen.

In der Außenpolitikdebatte zeigten sich dann auch kaum noch Unterschiede zwischen Romney und Obama. Allgemein überraschte, dass Romney ziemlich redegewandt war, während Obama in der ersten Debatte passiv und müde wirkte und in der zweiten dann fast zu aggressiv. Obama kommt nicht mehr mit dem großen Ideen daher und man merkt deutlich seine Frustration darüber, dass er Washington nicht verändern konnte sondern jetzt ein Teil davon ist, der das Spiel mitspielen muss, um überhaupt noch etwas zu erreichen.

Am interessantesten war dann auch die Debatte, in der Wähler Fragen stellen konnten. Romney erhielt zum Beispiel die Frage, was ihn von Bush unterscheidet und Obama, was er erreicht hat bezüglich der Einschränkung des Besitzes von bestimmten Waffen. Lustig war auch die Debatte zwischen Ryan und Biden. Biden ist dafür bekannt, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt und sich wenig darum schert, was ihm irgendwelche Berater mit auf dem Weg geben. So rollte er dann auch freimütig seine Augen zu bestimmten Aussagen von Ryan oder machte Bemerkungen wie "Das ist totaler Quatsch."

Abbildung [4]: Das republikanische Duo Mitt Romney und Paul Ryan. Foto: Mark Mathosian

Auf jeden Fall liefern sich Romney und Obama nach Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen und es kommt in beiden Lagern keine rechte Begeisterung auf. Viele Demokraten sind zudem von Obama enttäuscht, weil er viele seiner Wahlversprechen von 2008 nicht in die Tat umsetzte, wie zum Beispiel Guantanamo Bay zu schließen oder die Einwanderungspolitik zu reformieren. Auch wenn Obama in unseren Augen sein Gesicht durch die Osama-Bin-Laden-Aktion verloren hat, in der er sich über internationales Recht hinweg setzte, würde wir ihm doch unsere Stimme geben, denn ohne ihn gäbe und gibt es keine Krankenkassenreform. Romney will ja bekanntlich Obamacare wieder zurückrollen. Und nur noch einmal zur Erinnerung: Wir dürfen als Greencardbesitzer nicht wählen. An Kandidaten oder Parteien spenden dürften wir hingegen schon.

Super-PACs

Abbildung [5]: Die Website des Obama-SuperPACs "Priorities USA Action"

Angelika Seit Michaels Ausführungen im Rundbrief 06/2011 wisst ihr, was ein PAC, also ein Political Action Committee ist. Bei den Wahlen in diesem Jahr ist dauernd von sogenannten "Super-PACs" die Rede. Was ist das nun?

Hinter einem PAC verbirgt sich normalerweise ein Zusammenschluss von Leuten, die durch Spenden und Spendenbeschaffung bestimmte Kandidaten unterstützen, um auf Wahlen Einfluss zu nehmen. Das amerikanische Parteispendengesetz besagt aber, dass Einzelpersonen nur bis zu $2500 direkt an einen Kandidaten, und traditionelle PACs bis zu $5000 an ein den Kandidaten unterstüzendes Komitee spenden dürfen (US-Parteispendengesetz).

Bis ins Jahr 2010 konnten Gruppen wie Firmen, Verbände und Gewerkschaften also nicht direkt und unbegrenzt an Politiker und Parteien spenden. Eine Entscheidung des Supreme Courts, also des obersten Gerichts der USA, bereitete dem jedoch ein Ende. Im Verfahren "Citizen United vs Federal Election Commission" legten die Richter fest, dass Gruppen und Verbände im Rahmen der politischen Meinungsfreiheit unbegrenzte Ausgaben für politische Zwecke ausgeben dürfen.

Ein "Dokumentarfilm" über Hillary Clinton im letzten Wahlkampf (2008) brachte das Ganze ins Rollen. Die konservative Gruppe "United Citizen" produzierte und finanzierte den Film "Hillary -- The Movie", der die Senatorin von New York sozusagen als liberale Bedrohung darstellte. Der Film sollte kurz vor den Vorwahlen im Jahr 2008 gezeigt werden, was dann aber von offizieller Seite verhindert wurde, da dies, so die Begründung, gegen das Parteienspendengesetz ("McCain -- Feingold Act") von 2002 verstieße. Aber United Citizen zog weiter zum Verfassungsgericht und gewann, denn die Mehrheit der Richter argumentierte, dass die Finanzierung und Verbreitung des Films unter das Recht auf Meinungsfreiheit ("Feedom of Speech") falle.

In einem weiteren Fall, in dem die Gruppierung SpeechNow.org gegen die staatliche Wahlkommission klagte, legte die Berufungsinstanz eines Bundesstaatsgerichts weiter fest, dass PACs dann unbegrenzt Spenden von Personen, Gruppen und Verbänden annehmen dürfen, wenn sie die Gelder nicht direkt an die Kandidaten, oder Parteien weiterleiten. Weiter dürfen sie ihre Kampagnen nicht mit den Politikern absprechen. So entstanden die Super-PACs.

Das gespendete Geld verwenden Super-PACs in der Regel dazu, Wahlkampfspots für den favorisierten Kandidaten zu produzieren und sie in den unterschiedlichen Medien zu verbreiten. Im aktuellen Wahlkampf kauften die Super-PACs vor allen Dingen Sendezeit im Fernsehen in den sogenannten "Swing States."

Abbildung [6]: Weil Kalifornien kein Swing-State ist, kleben in San Francisco kaum Wahlplakate.

"Swing States" sind Bundesstaaten, die traditionell entweder demokratisch oder republikanisch wählen und keinen der beiden Kandidaten favorisieren. Das Ergebnis in den "Swing States" kann somit die Wahl bestimmen, da in den meisten Bundestaaten alle Wahlmännerstimmem an den Sieger (Prinzip "Winner takes all") gehen. "Swing States" sind vor allen Dingen in einer äußert knappen Wahl, wie dieses Jahr, entscheidend. Florida und Ohio gehören zum Beispiel dazu. Kalifornien stellt zwar viele Wahlmänner, aber wählt seit Jahr und Tag demokratisch, gehört also nicht zu den "Swing States", weil im Prinzip schon klar ist, dass Kalifornien an Obama geht.

Aber zurück zu den Super-PACs: Romney unterstützen zum Beispiel Restore our Future und American Crossroads; Obama hingegen Priorities USA Action und American Bridge 21st Century. Wer auch immer die Wahl gewinnen wird, schon jetzt steht fest, dass es sich um einen der teuersten Wahlkämpfe der Geschichte handelt. Beiden Kandidaten werden voraussichtlich jeweils eine Milliarde Dollar an Spenden zufließen. Der Casinobesitzer und Milliadär Sheldon Adelson spendete u.a. 10 Millionen Dollar an den Super-PAC "Restore our Future", um Romney zum Wahlsieg zu verhelfen. Geld regiert die Welt.

Spezi auf Amerikanisch

Abbildung [7]: So mischt man sich in den USA ein Spezi.

Michael Das deutsche Autofahrergetränk Spezi gibt es leider nirgendwo in Amerika, und auch Surrogatdrinks wie Mezzo-Mix fehlen völlig in den Supermarktregalen. Neulich gelang mir durch Zufall eine erstaunlich gut schmeckende Kopie aus vier ungewöhnlichen Zutaten: Eiswürfel, organischer Zitronenschnitz mit Schale, 4/5 Coke Zero und 1/5 amerikanische Fanta.

Amerikanische Fanta ist ganz anders als deutsche, sie enthält massenweise knallorangen Farbstoff und wird mittels Mais-Sirup aus staatlich subventioniertem Anbau derart versüßt, dass sich bei Nicht-Amerikanern sofort ein gefährlicher Zuckerschock einstellt. Coke Zero enthält hingegen wie Diet-Coke einen umstrittenen Süßstoff, schmeckt aber im Gegensatz zu letzterem tatsächlich nach Cola und nicht wie Pappkarton. Dass die Mischung im oben angegebenen Verhältnis tatsächlich wie Spezi schmeckt, grenzt an ein Wunder, aber ihr könnt mir glauben, für so etwas habe ich ein feines Gäumchen. Deutsche Restaurants wie die "Suppenküche" in San Francisco sollten den Drink sofort anbieten!

Amerikanische Apotheken

Abbildung [8]: Die amerikanische Drogerie/Apotheke Walgreens

Michael Schreibt ein amerikanischer Arzt ein Rezept aus, fragt sich der Patient, wo er dieses einlöst, denn in Amerika gibt es keine Apotheken nach deutschem Muster. Man betritt vielmehr einen Laden einer Drogeriekette wie etwa "Walgreens" und geht zwischen den Verkaufsregalen durch bis zum hinteren Ende.

Dort lauert hinter einem Fenster ein Apotheker. Während sonst die Angestellten in amerikanischen Supermärkten gerade mal wissen, welches Produkt in welchem Regal steht, handelt es sich beim Apotheker um eine für amerikanische Verhältnisse geradezu erstaunlich gut ausgebildete Fachkraft. Händigt man ihr das Rezept aus, fängt sie an, hinter den Kulissen herumzugeschafteln, und falls sie das Medikament auf Lager hat, überreicht sie dem Patienten die Pillen kurze Zeit später in einer Einheitsverpackung nach Abbildung 10. Der Apotheker erteilt auf Wunsch auch Tipps zum Einnehmen und weiß um Risiken und Nebenwirkungen von Medikamenten.

Abbildung [9]: Zwischen den Regalen durch bis hinter zum Apothekenfenster.

Ihr habt richtig gelesen: Die Tabletten bekommt man nicht etwa eingeschweißt in einer Originalschachtel mit dem Aufdruck der Herstellerfirma. Vielmehr füllt der Apotheker Generika hinter dem Schalter anscheinend aus einem großen Einweckglas in kleine orange-gelbliche Dosen um und pappt einen Zettel mit den Anweisungen zum Einnehmen der Medizin und dem Namen des Patienten darauf. Schnüffelt man also bei einer Party in einem fremden Haus auf dem Klo neugierig im Badezimmerschrank herum, weiß man gleich, wer welche Medikamente einnimmt.

Außerdem weist das Etikett die Anzahl der sogenannten "Refills" aus (Pfeil in Abbildung 10). Ist die Dose leer, latscht man einfach zurück zu Walgreens, händigt dem Apotheker die leere Dose aus und bekommt entsprechend des Aufdrucks neue Pillen eingefüllt. So kann der Arzt größere Medikamentenmengen verschreiben, ohne dass der Patient damit Unfug treiben könnte. Der Patient braucht kein neues Rezept und spart sich einen Arztbesuch. Der Apotheker prüft keinen Ausweis und lässt sich nur die Adresse des Empfängers bestätigen. Dabei kontrolliert Walgreens auch, dass der Patient den Refill nicht verfrüht in Anspruch nimmt. Steht die verbrauchte Menge in keinem Verhältnis zur verschriebenen Tagesdosis, schlägt der Computer Alarm und der Apotheker verweigert die Herausgabe neuer Pillen.

Abbildung [10]: Auf der Einheitsverpackung amerikanischer Medikamente steht, wie oft die Apotheke gemäß dem Rezept Pillen nachfüllen darf.

Patienten mit Krankenversicherung zahlen die Medikamente üblicherweise nicht selbst, sondern nur einen Obulus, der ein paar Dollar beträgt. Walgreens holt sich dann den Rest bei der Krankenkasse. Bei Refills fällt der Obulus teilweise ganz weg.

Der behandelnde Arzt stellt Rezepte teilweise auch elektronisch aus. Sagt man ihm, bei welcher Drogerie man das Medikament abholen möchte, kann er per Computer dort ein Rezept hinbeamen und die Drogerie ruft dann den Patienten an, wenn das Medikament zur Abholung bereit steht. Walgreens ruft übrigens teilweise ein paar Tage später beim Patienten an und eine Computerstimme fragt, ob das Medikament auch gut wirkt.

Toppprodukt: Die israelische Gasmaske

Abbildung [11]: Michael putzt das Waschbecken mit einem Schimmelmittel und trägt dazu eine israelische Gasmaske.

Michael Wohnt man wie wir nur etwa 4km Luftlinie vom pazifischen Ozean entfernt, merkt man die Luftfeuchtigkeit im Haushalt. Das Salz klumpt im Streuer, und im Bad bildet sich bei längerem Nichtputzen in den Fliesenfugen und am Waschbeckenrand schnell unschöner schwarzer Schimmel. Diesem Teufelszeug muss ich alle paar Monate mit einem Höllenputzmittel, dem sogenannten "Tilex Mildew Root Penetrator" zu Leibe rücken. Das Tilex-Pumpspray wird dazu in die Fugen gesprüht und mit einer Bürste kurz eingerieben. Nach fünf Minuten ist die Fuge dann wieder weiß. Allerdings enthält das Mittel Bleiche, die man besser nicht mit farbigen Textilien in Berührung bringt (siehe Rundbrief 05/2010) und es stinkt bestialisch nach Chlor.

Abbildung [12]: Bei Amazon kostet die Gasmaske nur 20 Dollar.

Dieser Gestank scheint wirklich ungesund zu sein, denn er verursacht bei mir rasendes Kopfweh, das stundenlang anhält. Deshalb kam ich erst auf die Idee, mir einen Mund- und Nasenschutz für Heimwerker umzuschnallen, aber als auch das nichts half, erinnerte ich mich an meine Bundeswehrzeit, und kaufte mir eine Gasmaske mit Giftgasfilter. Das Ding ist der Hit! Ich rieche nun beim Putzen überhaupt kein Chlor mehr und entsprechend bleibt auch mein Kopf klar. Die Maske gibts bei Amazon für nur 20 Dollar zu kaufen und stammt aus israelischen Militärüberschussbeständen. Auf dem Filter stand etwas auf Hebräisch, das ich nicht lesen konnte. Das Oberteil aus schwarzem Gummi trägt sich relativ bequem und verfügt sogar über einen Trinkschlauch, falls man Durst bekommt. Toppprodukt!

Abbildung [13]: Auch in der Fernsehserie "Breaking Bad" trägt man Gasmaske zum modischen Overall.

Apopros Gasmaske: Das Teil passt an Halloween gut zu gruseligen Verkleidungen. Einer meiner Kollegen bei Yahoo erschien am 31. Oktober doch glatt als "Walter White" verkleidet zur Arbeit. Mit gelben Overall und Gasmaske sah er genauso aus wie der Chemielehrer aus der Fernsehserie "Breaking Bad", der heimlich anfängt, die Droge Meth zu produzieren (Abbildung 13). Eine Super-Serie für die ganze Familie, unbedingt alle 4 Staffeln ansehen!

Amerikanische Herdplatten

Abbildung [14]: Die typischen amerikanischen Heizspiral-Herdplatten.

Michael Während an Herden in deutschen Einbauküchen noble Ceranfelder vorherrschen, trifft man hier in Amerika in Mietwohnungen durchaus noch auf Herdplatten traditioneller Bauart (Abbildung 14). Es handelt sich um metallene Heizspiralen, die bei Gebrauch gerne mal rot glühen, aber gegenüber deutschen Herdplatten einen unschätzbaren Vorteil aufweisen: Sauen überlaufende Kochtöpfe die Platten zu, kann man sie ohne Werkzeug auseinanderbauen und reinigen.

Abbildung [15]: Die Spirale lässt sich zum Reinigen der Herdplatte herausziehen.

In Abbildung 15 seht ihr, wie man die (hoffentlich erkaltete) Spirale leicht nach oben anwinkelt und dann ruckartig seitwärts aus der Fassung herauszieht, in der die zwei Kontakte der Spirale stecken. Darunter befindet sich das Auffangblech aus Abbildung 16, das man sogar in die Spülmaschine stecken darf.

Abbildung [16]: Das Auffangblech kann man im Baumarkt neu kaufen.

Wurde es über Jahre hinweg nicht gereinigt und pappen darauf schon stark verkohlte und verkrustete Essensreste, die sich nicht mehr lösen lassen, kann man im Baumarkt einen Vierersatz dieser Auffangbleche zum Gesamtschlagerpreis von etwa 10 Dollar nachkaufen. Dafür bekommt man zwei große und zwei kleine Bleche, entsprechend der auf allen Herden genormten Plattengrößen. Auch die Spiralen sind genormt und auch sie bekommt man im Baumarkt für wenig Geld, falls sie kaputtgehen. Praktisch!

Ein Zehnerle für die Einkaufstüte

Abbildung [17]: Es wird Ernst: 10c pro Papiertüte in San Franicsco ab Oktober

Angelika Seit ersten Oktober diesen Jahres sind an den Registrierkassen von Geschäften in San Francisco keinerlei Plastiktüten mehr erlaubt. Schon seit 2007 dürfen große Supermärkte und Drogerieketten die Waren der Kunden nicht mehr in Plastiktüten sondern nur noch in Papiertüten einpacken ( Rundbrief 04/2007). Ab sofort gilt das für alle Geschäfte in San Francisco. Nur Bäckereien und Restaurants sind noch bis 2013 ausgenommen. Hinzu kommt, dass Papiertragetüten seit ersten Oktober nur noch gegen einen Obulus von 10 Cent per Tüte ausgegeben werden. Will der Kunde die 10 Cent nicht zahlen, muss er seine eigenen Beutel und Stofftragetaschen mitbringen.

Das Konzept ist euch in Deutschland natürlich längst vertraut, denn da zahlt man schon seit Mitte der 70er Jahre für die Plastiktüte an der Supermarktkasse. Allerdings in der Regel nur im Supermarkt oder ähnlichen Geschäften aber zum Beispiel nicht im Kaufhaus. Auch ist die Platiktüte in Deutschland nicht völlig aus den Geschäften verschwunden, da geht geht San Francisco einen Schritt weiter. Die 10 Cent sollen Käufer motivieren, ganz auf die Papiertragetüten zu verzichten. Und ich muss sagen, dass es in San Francisco mittlerweile üblich ist, dass Kunden ihre eigenen Stofftaschen mitbringen, zumindest im Supermarkt.

Vielleicht fragt ihr euch, wie das dann mit den Einpackern läuft, denn im amerikanischen Supermarkt packt der Kunde seine Waren ja nicht selbst ein. Man legt seine Stofftaschen mit der Ware einfach aufs Band und der Einpacker schnappt sich diese dann und packt die Sachen in die mitgebrachten Beutel. Mittlerweile haben fast 50 kalifornische Städte (z.B. Los Angeles) ähnliche, meist weniger weitreichende, Richtlinien ins Leben gerufen. Fährt man allerdings zum Target-Supermarkt nach South San Francisco, bekommt man dort noch Plastiktüten umsonst, denn die Vorstadt gehört zum Landkreis San Mateo, der umwelttechnisch noch hinterher hinkt.

Abbildung [18]: Das Kleingedruckte zum neuen Tütengesetz.

Übrigens gab es zur Einführung natürlich einen Rechtsstreit. Die "Save the Plastic Bag Coalition" (Bund zur Rettung der Plastiktüte) versuchte, die Plastiktütenverbannung in San Francico zu stoppen, konnte sich aber nicht durchsetzen. Die Gruppe argumentierte, dass Papiertüten nicht unbedingt umweltfreundlicher als Plastiktüten seien. Lustig war auch das folgende Argument: San Francisco ist bekanntlich eine Touristenstadt und Touristen bringen in der Regel keine wiederverwendbaren Beutel mit. Sie kauften, so die Initiative, dann Papiertüten, die bei Abreise im Müll endeten. Also, liebe Touristen, bringt eure eigenen Stoffbeutel mit oder kauft euch welche, und nehmt sie als Souvenir wieder mit nach Hause!

Reiche Schnösel vertreiben meinen Friseur

Abbildung [19]: Der alteingesessene Friseur muss umziehen, weil ein reicher Schnösel das Gebäude gekauft hat.

Michael Als wir, 16 Jahre ist es mittlerweile her, hierher nach San Francisco kamen, suchte ich lange nach einem handwerklich solide ausgebildeten Herrenfriseur. Da ich damals im italienischen Viertel North Beach arbeitete, stieß ich dort eines Tages zufällig auf den kleinen Friseurladen in der Columbus-Street, lernte die Frisierkunst des "Barbers" dort schätzen und blieb ihm treu, auch als ich später beruflich ins 50km südlich gelegenen Silicon Valley wechselte.

Es war zwar jedesmal ein Akt, von uns mit dem Auto quer durch die Stadt nach North Beach zu fahren (nur erfahrene Taxifahrer und ich schaffen das in 20 Minuten), aber sowohl der Haarschnitt als auch die dabei ausgetauschten Informationen waren es immer wert. So besitzt der Regisseur Francis Ford Coppola ("Der Pate", "Apocalypse Now") ein Lokal gegenüber und ließ sich ebenfalls im Friseurladen die Haare schneiden. Eines Tages kamen ein paar Google-Fritzen vorbei, mieteten den Laden für ein paar Stunden und schossen Fotos für irgendein Webprodukt, weil die roten Polsterstühle und die Einrichtung so richtig original aussahen.

Abbildung [20]: Wie ich bekommt auch Francis Ford Coppola hier einen Haarschnitt verpasst.

Allerdings kaufte vor ein paar Monaten ein neureicher Schnösel das alte Gebäude mit dem unten eingelassenen Friseurladen und nun musste der Friseur weit jenseits der 60 eine neue Bleibe suchen. Er fand sie um die Ecke, in einem neumodischen Haarsalon, wo er sich einen Stuhl mietete. Ich war noch nicht dort, aber ich habe Abbildung 19 vergrößern und rahmen lassen, und werde es ihm beim nächsten Besuch überreichen.

Aber die Geschichte zeigt, wie sich die Stadtviertel verändern: Aus dem alten Friseursalon wird wahrscheinlich ein weiteres deppertes Wohnungsmaklerbüro. Neues Geld zieht ein, Originalität und Geschmack bleiben auf der Strecke.

Professionelle Apple-Store-Ansteller

Abbildung [21]: Apple-Narren stellen sich vor dem Laden an, um ein neues Produkt zu erwerben. Foto: Shane Curcuru

Michael Ihr kennt sicher Fernsehbilder von Apple-Geschäften, vor denen sich Leute anstellen, um neu herausgekommene Produkte als Erste zu erwerben. In den USA geht das teilweise so weit, dass willige Käufer, zum Beispiel als das iPhone 5 herauskam, vor Apple-Läden auf Campingstühlen übernachteten!

In einem service-orientierten Land wie den USA erledigt man unangenehme Tätigkeiten nun natürlich nicht selbst, sondern bezahlt andere dafür. Das ist keineswegs auf Hausputzpersonal beschränkt, sondern gilt auch für das Gassigehen mit Haustieren, Rasen mähen, Einkaufen von Lebensmitteln oder den Gang zur Führerscheinbehörde. Im Internetzeitalter bucht man diese Helferlein online auf taskrabbit.com, und laut einem Artikel auf Bloomberg-News bietet die Servicetruppe dort sogar professionelle Schlangensteher an! Für 55 Dollar steht das Wartpersonal vier Stunden in der Schlange vor dem Apple-Store und tauscht dann Plätze mit dem Auftraggeber, der freudig und ausgeschlafen am Morgen als einer der Ersten den Apple-Store betritt, um sein neues Smartphone zu erwerben.

Abbildung [22]: Das Personal von Taskrabbit erledigt gegen Bezahlung unangenehme Aufgaben.

Laut Task-Rabbit ist übrigens eine der am häufigsten gebuchten Service-Leistungen das Zusammenbauen von Ikea-Möbeln. Für 42 Dollar kommt ein mehr oder weniger professioneller Handwerker mit Werkzeug ins Haus und schlägt sich mit den gefürchteten Bastelanleitungen der Möbelbausätze des skandinavischen Möbelhauses herum.

Kalifornien verbietet die Gänseleberpastete

Abbildung [23]: Gebratene Gänsestopfleber, Schmackofatz! Foto: Stuart Spivack

Angelika Seit dem 1. Juli ist in Kalifornien der Verkauf von Gänsestopfleber verboten. Diese kulinarische Spezialität nennt der Amerikaner wie der Franzose "Foie Gras". Die Verfettung der Leber von Gänsen und Enten, die durch Zwangsernährung erreicht wird, gilt allerdings unter Tierschützern als Tierquälerei. Schon 2004 verabschiedete Kalifornien ein Gesetz zum Verbot, aber es galt für acht Jahre eine Übergangs- und Schonfrist. Schätzungen zufolge hatten in Kalifornien bis zu 400 Restaurants Foie Gras auf der Speisekarte. Wir fanden Foie Gras häufig in Restaurants im Weingebiet Napa Valley und müssen gestehen, dass wir Foie Gras immer gern gegessen haben.

Angeblich halten sich die meisten Restaurants an das Verbot. Aber das Gesetz ist schwammig formuliert, denn es besagt, dass Foie Gras nicht verkauft werden darf, sodass einige Chefköche auf die Idee kamen, Foie Gras kostenlos anzubieten. Dort fand sich dann eine 21 Dollar teure "Brioche" (Hefegebäck) auf der Karte, der gratis etwas Gänsestopfleber beigelegt war. Obwohl die Strafen hoch sind ($1000 pro Verstoß pro Tag), scheint es schwierig zu sein, das Gesetz durchzusetzen, denn die Behörde "Department of Animal Care and Control", die dafür zuständig ist, ist chronisch unterbesetzt.

Kalifornien ist übrigens der einzige Bundesstaat in den USA, der den Verkauf von Foie Gras verbietet. Chicago versuchte vor einigen Jahren ein ähnliches Gesetz durchzusetzen, scheiterte aber am Widerstand der Küchenchefs. Bei uns schlägt sich, typisch kalifornisch, die Tierschützerfraktion zur Zeit mit den Gourmets erbitterte Schlachten. So kochten, bevor das Verbot in Kraft trat, kalifornische Köche 8-gängige Menüs, und in jedem Gang war Foie Gras enthalten.Oder das Restaurant "Goose and Gander" (=Gans und Gänserich) im Napa Valley: Es bot ein Foie-Gras-Gericht an, das nach dem Verbotsgesetz benannt war: "Senate Bill 1520". Es nahm es dann aber wieder von der Speisekarte, weil die Presse offen darüber berichtete. Wahrscheinlich bildet sich bald eine Unterwelt wie während der Prohibition, und man wird Foie Gras in dunklen Kellern erhalten, wenn man das Codewort weiß.

Speedy Gonzales

Abbildung [24]: Die umstrittene Cartoon-Figur Speedy Gonzales.

Michael Wie heißt die schnellste Maus von Mexiko? Wer sich wie wir schon im fortgeschrittenen Alter befindet, weiß die Antwort: Speedy Gonzales. Die Zeichentrickserie lief in Deutschland in den 70ern des vergangenen Jahrhunderts und wurde von den Mitgliedern der Rundbriefredaktion damals gierig aufgesogen. "Arriba, arriba, andalĂ©, andalĂ©!" schrie die Maus immer, na, klingelt's jetzt bei euch? Das ist spanisch und bedeutet etwa "Auf geht's!" oder "Beeil dich!". Die Maus mit dem Sombrerohut sauste mit einem Affenzahn durch die Szenen und legte stets die langsamere Katze Sylvester mittels schlauer Streiche aufs Kreuz.

Abbildung [25]: Der Song "Speedy Gonzales" von Pat Boone.

Der Cartoon wurde damals von den Warner Brothers in den USA produziert, doch heutzutage distanzieren sich die feinen Herren eher von der ehemaligen Erfolgsserie. Man findet sie auf keinem Fernsehkanal in Nordamerika mehr. Grund dafür ist dass die Serie in den USA heutzutage als rassistisch gilt, weil sie gängige Vorurteile gegenüber Südamerikanern kultiviert. Der schnelle Speedy spricht mit mexikanischem Akzent, ist faul, jagt den Weibern nach und seine Freunde sind trinkfreudige Ganoven.

Der Sänger Pat Boone brachte 1962 einen Song namens "Speedy Gonzales" heraus, der bis auf Platz 6 der Billboard-Charts hochschnellte. Im Text heißt es "You better come home Speedy Gonzales, away from tannery row. Stop all of your drinking with that floosie named Flo!". Der Sänger fordert Speedy Gonzales also auf, heimzukehren und aufzuhören, mit einem Flittchen namens "Flo" alkoholische Getränke zu konsumieren.

Auf Youtube dürfen interessierte Cartoon-Freunde aber noch eine ganze Reihe dieser Kurzfilme ansehen. Und ironischerweise läuft Speedy Gonzales immer noch sehr erfolgreich im Fernsehen in Südamerika.

Grüße aus dem sturmgebeutelten (nur an der Ostküste, nicht bei uns) Land im Wahlkampffieber:

Angelika & Michael

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Letzte Änderung: 04-Aug-2015