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Rundbrief
  Rundbrief Nummer 116  
San Francisco, den 18.06.2016
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Rundbrief


Abbildung [1]: Einwohner im Castro-Viertel in San Francisco trauern um beim Anschlag in Orlando ums Leben gekommene Opfer.

Angelika Jeder von euch, der sich in der letzten Woche nicht unter seiner Bettdecke verkrochen hat, weiß vom Massaker in Orlando. 49 Tote und 53 Verletzte durch einen Durchgeknallten, dem es gelang, in einen Tanz- und Nachtclub in Orlando einzudringen und wild um sich zu schießen. Und wieder einmal führt das Land eine Debatte bezüglich der Verschärfung der Waffengesetze, die höchstwahrscheinlich zu nichts führen wird.

Abbildung [2]: Handgemalte Schilder bei der Gedenkfeier für die Opfer in Orlando.

Die Tanzbar in Orlando war ein beliebter Treffpunkt von Homosexuellen und genau dies schien dem Täter gegen den Strich zu gehen. Der Juni ist der Monat, in dem Schwule und Lesben überall in den USA "Gay Pride" feiern. Die Parade und Festivitäten in San Francisco sind legendär. Die Stadt zieren Regenbogenfahnen und fröhliche Menschen feiern zusammen, unabhängig davon, wie nun ihre sexuelle Orientierung ist.

Abbildung [3]: Persönliche Worte eines San Franciscaners zu den Opfern in Orlando.

Eigentlich gibt es viel zu feiern, denn das oberste Verfassungsgericht hat erst letztes Jahr im Juni die Homoehe in den USA legalisiert. Was in Orlando passiert ist, hat allerdings sehr die Stimmung getrübt. Im Castro, unserem berühmten schwulen Nachbarviertel in San Francisco, zeigten sich viele der Bewohner schockiert und demonstrierten ihre Solidarität mit den Opfern von Orlando.

Abbildung [4]: Wer will, kann mit Gleichgesinnten in einem kleinen Kreis auf dem Gehweg reden.

Auf der 18ten Straße, Ecke Castro Street, entstand ein riesiges Blumenmeer für die Opfer. Am Harvey-Milk-Platz hatten Passanten ihre Gedanken auf Zettel geschrieben und an einen Zaun gebunden. Und Leute, die jemanden zum Reden brauchten, konnten sich einfach in einen mit Kreide auf das Pflaster gemalten Kreis setzen und sich einer Gesprächsrunde anschließen.

Michael fliegt übrigens morgen früh, genau sieben Tage nach dem Anschlag, zu einer Perl-Konferenz, deren Veranstaltungsort schon seit Jahren feststeht, und der ist, wie's der Teufel will: Orlando. Das Leben geht weiter.

Dulle im Mietauto

Abbildung [5]: Michael hat eine böse Dulle ins Mietauto reingefahren.

Michael Wenn wir uns im Urlaub einen Mietwagen buchen, kommt am Schalter ja traditionsgemäß die Frage auf, wie man denn das Fahrzeug versichern wolle. Im allgemeinen müssen Autovermieter kostenfrei eine Haftpflichtversicherung anbieten, die dann einspringt, wenn der Kunde andere Autos oder Leute anschrammt. Aber Vorsicht: Je nach Bundesstaat decken diese Policen oft nur den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbetrag ab, in Kalifornien zum Beispiel 30.000 Dollar. Für größere Schäden, die zum Beispiel selbst dann schon entstehen, wenn man jemandes Luxuskarosse vehement zerbeult oder einen Personenunfall verursacht, haftet der Kunde dann selbst, und gerade bei schweren Verletzungen oder Todesfällen gehen die Schadensersatzforderungen im klagewütigen Amerika schnell in die Millionen. Wer allerdings wie wir in Amerika wohnt, hat meist eh eine Kfz-Haftpflicht für's Privatauto abgeschlossen und die deckt in vielen Fällen diese zusätzliche Haftpflicht auch für Mietautos ab. Es empfiehlt sich aber dringend, den Vertrag vorher genau durchzulesen.

Abbildung [6]: Den Schadensbericht an American Express nimmt yourcarrentalclaim.com entgegen.

Zum zweiten stellt sich die Frage nach der Vollkaskoversicherung. Wer haftet, wenn auf einem Touristenparkplatz ein Hallodri das Seitenfenster einschlägt? Was passiert, wenn ein Reifen platzt oder ein aufgewirbelter Stein einen Sprung in die Windschutzscheibe haut? Wer zahlt, wenn das Mietauto gar ganz gestohlen wird? Auch hier bieten die Mietwagenanbieter entsprechende Produkte an. Für etwa 15 Dollar pro Tag kann der Kunde das Auto am Schalter vollkaskoversichern. Zum gespielten Entsetzen der Schalterfritzen lehne ich aber immer alle Versicherungen ab, wenn wir mal wieder einen Wagen abholen, und verlassen uns auf unsere private Autoversicherung sowie unsere Kreditkarte. Karten wie unsere American Express bieten nämlich eine eingeschränkte Vollkaskoversicherung an, wenn man mit ihnen die Mietwagenrechnung bezahlt. Als wir letztes Mal im März auf Hawaii waren, hatten wir die unerfreuliche Gelegenheit, das Ganze mal praxisnah auszuprobieren.

Abbildung [7]: Drei Wochen später will "Viking Billing Services" 490 Dollar sehen.

Schon am ersten Tag, direkt nach der Ankunft vom Flughafen an unserem Feriendomizil hatte ich nämlich die clevere Idee, das Mietauto rückwärts eine steile Auffahrt hinaufzufahren, um den Schleppweg der Koffer zur Mietwohnung zu verkürzen. Der Mietwagen war ein Mazda 3 mit einem riesigen Kofferraum, dessen Ausmaße man beim besten Willen nicht abschätzen kann, wenn man rückwärts durch die Heckscheibe äugt. Ich nahm auf der bestimmt 35% steilen Auffahrt gut Anlauf und fuhr zügig hinauf -- und merkte erst an einem plötzlich einsetzenden Höllenkrach, dass eine kleine vom Boden weg diagonal hochgehende Steinmauer den Weg versperrt hatte.

Abbildung [8]: Die Schadenssumme teilt sich auf in Reparatur, Verwaltungsgebühren und Schadensausfallzahlungen.

Erst viel später fiel mir auf, dass das Auto über eine rückwärts gerichtete Kamera verfügte, mit der man bequem vom Armaturenbrett aus verfolgen konnte, auf welche Hindernisse das Auto gerade im Rückwärtsgang zusteuert. Aber egal! Jedenfalls war die Hinterseite des Autos nun böse eingedellt, das riesige Plastikteil, eine Art Zwitter aus Kofferraumrückwand und Stoßstange, sah nun recht kaputt aus. Ich beulte sie unter Einsatz von Bärenkräften wieder aus, aber ein paar Einschlitzungen und böse Schrammen blieben.

Abbildung [9]: Amex zahlt bis auf die Verwaltungs- und einen Teil der Schadensausfallgebühren.

Als wir am Ende des Urlaubs anderthalb Wochen später das Auto am Flughafen abgaben, machte ich die Angestellten dort auf den Schaden aufmerksam und sie füllten mir sofort freundlich einen "Incident Report" (Bericht über einen Vorfall) mit irgendwelchen Nummernkolonnen aus, auf dem ich nur kurz den Vorfall beschreiben und signieren musste. Dann flogen wir heim, erleichtert, dass alles so schnell gegangen war, denn wir waren extra eine Stunde früher als sonst zum Flughafen gefahren, um nicht in Bedrängnis zu geraten, falls die Schadensabwicklung sich hinziehen oder der Autovermieter Fisimatenten machen würde.

Daheim angekommen, füllte ich in etwa 15 Minuten auf der Internetseite der Amex-Versicherung yourrentalcarclaim.com ein paar Formulare mit anklickbaren Optionen aus und bekam prompt eine Bestätigung per Email, und tags darauf noch eine, die mir sogar einen persönlichen Sachbearbeiter zuwies.

Dann geschah drei Wochen nichts, als plötzlich ein Brief von "Viking Billing Services" ins Haus flatterte, der mit den Worten "You recently rented a Hertz car" begann. Der stammte offensichtlich vom Geldeintreiber der Hertz-Autovermietung und wie in Abbildung 8 ersichtlich, wollten sie insgesamt 490.37 Dollar sehen. Die Summe setzte sich zusammen aus dem eigentlichen Schaden ($332.98), der Schadensausfallgebühr ("Loss of Use", also die Mietgebühr für die Tage, an denen Hertz den Wagen wegen Reparaturarbeiten nicht vermieten konnte), und einer Verwaltungsgebühr von $85.39.

Ich wählte die auf dem Brief angegebene Telefonnummer, bekam einen sehr professionell klingenden jungen Mann an den Apparat und erzählte ihm, dass meine Amex-Kreditkarte den Schaden übernehmen würde. Ich bestätigte meinen Namen und Adresse und die Nummer des von mir an Amex übermittelten Schadensberichts an Amex. Das war's! Zwei Wochen später lag ein Schreiben von Amex im Kasten, mit der Bestätigung, dass Amex von den geforderten $490.37 exakt $378.03 bezahlt hatte (Abbildung 9). Die Schadenssumme von $332.98 hatten sie ganz übernommen. Von den geforderten $72.00 an Ausfallgebühren übernahmen sie nur $45.05, übrig blieben $26.95, sowie die Verwaltungsgebühren in Höhe von $85.39, die, und da hatte mich der Herr von Viking am Telefon schon vorgewarnt, Amex nicht berappen würde. Also blieben insgesamt $112.34 an mir hängen. Auf die Rechnung des Geldeintreibers warte ich noch, und werde sie, falls sie noch eintrudelt, gegebenenfalls per Scheck bezahlen.

Insgesamt muss ich sagen, dass Amex den Schaden erfreulicherweise relativ kulant abgewickelt hat und ich auch weiterhin auf die Kartenversicherung setzen werde. Ein paar hundert Dollar bringen mich im Schadensfall nicht um, und der Vorfall bestätigt, dass das Verfahren funktioniert und die Versicherungen der Autovermieter total überflüssig sind. Ich habe zwar nicht vor, noch ein Mietauto zu ramponieren, aber für den Fall der Fälle weiß ich jetzt Bescheid und kann ruhigen Auges in die Zukunft blicken.

Smash und Grab

Abbildung [10]: Schon wieder ein Auto mit eingeschlagener Seitenscheibe.

Angelika San Francisco ist in letzter Zeit in aller Munde. Die immer weiter steigenden Mieten haben uns mittlerweile vor New York auf den Platz 1 der teuersten Stadt Amerikas katapultiert. Auch bei Einbrüchen und Diebstählen haben wir die Nase vorn und sind mittlerweile ebenfalls auf Platz 1 in den Statistiken gelandet. Die Mörderrate ist in San Francisco allerdings, verglichen mit anderen Großstädten in den USA, immer noch niedrig.

In New York nennt man San Francisco deshalb bereits die "Smash-und-Grab-City". "Smash und Grab" bedeutet, dass der Dieb in Windeseile die Scheibe eines Autos einschlägt (= "Smash") und sich dann aus dem Wageninnern greift ("Grab"), was immer er für wertvoll hält. Touristen, die oft, während sie die Sehenswürdigkeiten in der Stadt abklappern, Wertgegenstände im Auto liegen lassen, lernen die rohen Sitten und Gebräuche der Stadt schnell kennen. Aber auch jeder Einheimische, der nur irgendetwas sichtbar im Auto lässt, selbst wenn es völlig wertlos ist, kann mit einer kaputten Scheibe rechnen, denn Diebe gehen gerne auf Nummer sicher, es könnte ja doch etwas Wertvolles dabei sein. Und selbst Autos, in denen nichts sichtbar liegt, fallen manchmal Einbrechern zum Opfer.

Sein Auto auf der Straße in San Francisco zu parken, reicht oft schon aus, um am nächsten Morgen vor einer zerbrochenen Scheibe zu stehen. Mehr als 70 Mal pro Tag wird in San Francisco in Autos eingebrochen, wobei die Dunkelziffer weit höher ist, da viele sich gar nicht mehr die Mühe machen, bei der Polizei anzurufen, weil das antiquierte und umständliche Verfahren erfahrungsgemäß zu nichts führt.

Abbildung [11]: Dieser San Francisco Peacenik bettelt darum, dass niemand in seinen Prius einbricht.

Wie kommt es zu dem rasanten Anstieg der Autoeinbrüche? Für den Dieb lohnt es sich finanziell auf Dauer sicher, denn geschnappt wird kaum jemand. Viele sind der Meinung, dass die im Jahr 2014 von den kalifornischen Wählern abgesegnete sogenannte "Proposition 47" daran Schuld ist. Zentrales Thema von Proposition 47 war eine Gesetzesänderung, nach der bestimmte, nicht gewalttätige Delikte, wie zum Beispiel Drogenbesitz, als geringfügige Delikte ("misdemeanor") zu werten und mit geringeren Strafen zu ahnden sind.

Kalifornische Gefängnisse sind übervoll und kosten den Steuerzahler jedes Jahr Unsummen, so sollte Proposition 47 auch vor allen Dingen dafür sorgen, die Zahl der Insassen in den Gefängnissen zu reduzieren. Hier ist eine Auflistung der Delikte, die unter die Proposition 47 fallen: Ladendiebstähle oder Einbrüche, wenn der Schaden unter $950 beträgt, der Besitz von gestohlener Ware, wenn der Wert der Ware unter $950 liegt, Scheckbetrug, wenn der Wert des Schecks nicht mehr als $950 beträgt und Drogenbesitz, wenn die Drogen nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt sind. Und tatsächlich zeigten die ersten Statistiken, dass die Gefängnisse sich nach Inkrafttreten des Gesetzes zu leeren begannen. In Los Angeles fiel die Anzahl der Insassen von 18.601 auf 17.285 im Januar 2015. Allerdings stiegen die Anzahl der Einbrüche und Diebstähle in mehreren großen kalifornischen Städten (zum Beispiel San Francisco) stark an.

Nun ist es nicht so, dass Leute, die Einbrüche begehen, die unter Proposition 47 fallen, gar nicht mehr bestraft werden können. Eine Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr ist immer noch möglich, sowie Geldstrafen. Allerdings liegt vieles im Ermessen des Staatsanwaltes von San Franciso, der entscheidet, ob ein Fall zum Beispiel überhaupt verfolgt wird. Und wie gesagt, die Polizei ertappt nur selten jemanden auf frischer Tat. Allgemein begegnet man in San Francisco oft einer gewissen Wurstigkeit, wenn es um diese Dinge geht, so nach dem Motto, dem armen Dieb muss es aber ganz arg schlecht gehen, wenn er es nötig hat in mein Auto einzubrechen. Es ist zum Verzweifeln!

Ein besorgniserregender Trend bei den Autoeinbrüchen in San Francisco ist die ansteigende Zahl von aus Autos gestohlenen Waffen, die anschließend oft bei kriminellen Aktivitäten Anwendung finden. Sage und schreibe 57 Waffen sind seit November 2015 von Dieben aus diversen Autos gestohlen worden. Dabei ist allein der Gedanke schon erschreckend, wieviele Leute mit Waffe im Auto herumfahren. Einige der Opfer waren Ordnungshüter, die berufsbedingt bewaffnet herumfahren. Dazu gehörte vor drei Wochen ein FBI-Beamter, der zu Besuch in der Stadt war. Einige der gestohlenen Waffen waren vorher noch nicht einmal ordnungsgemäß in einer abschließbaren Kassette verstaut. Nicht weniger als vier Morde wurden in letzter Zeit mit aus Autos gestohlenen Waffen in San Francisco und Umgebung verübt. Manchmal geht hier wirklich zu wie im Wilden Westen.

Das renovierte San Francisco Museum of Modern Art

Abbildung [12]: Der neue Museumsanbau wirft Falten wie ein ungebügeltes Bettlaken.

Angelika Letztes Wochenende zog es uns ins San Franciscos Museum of Modern Art, das seit Mitte Mai endlich wieder offen ist. Schlappe drei Jahre lang war es geschlossen gewesen, der Umbau und die Erweiterung haben 305 Millionen Dollar gekostet. Ein ganz neues Gebäude ist hinter dem alten entstanden. Das alte Gebäude hatte vor über 20 Jahren Mario Botta entworfen. Der Anbau wurde notwendig, um Platz für neue Werke zu schaffen. Die Fisher-Familie, Gründer der in San Francisco ansässigen Klamottenfirma GAP, haben dem Museum für mindestens 100 Jahre insgesamt 1100 Werke ausgeliehen, für die im alten Gebäude einfach kein mehr Platz war.

Abbildung [13]: Zwei Freikarten für langjährige Gold-Members.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir vor fast 20 Jahren nach San Francisco gezogen sind, und alle über das damals neue (heute alte) Gebäude lästerten, weil es von der Ferne aussieht, als ob ein Aschenbecher auf dem Dach sitzt. Mittlerweile gehört es aber so zum Stadtbild, dass es sich keiner mehr wegdenken kann. So bekamen die neuen Architekten den Auftrag, das neue und das alte Gebäude zu integrieren. Die norwegische Architektenfirma Snohetta erhielt den Zuschlag und kreierte ein weißes Gebäude, das ein wenig an ein zerknauschtes Bettuch erinnert. Innen ist es aber hell, skandinavisch minimalistisch und funktional.

Abbildung [14]: Kunstkenner vor einem Bild von Chuck Close.

Abbildung [15]: Innen gleicht das Gebäude einem skandinavischen Möbelhaus.

Was uns besonders gefallen hat, ist, dass der Museumsbesucher auf fast jedem Stockwerk nach draußen kann, um auf die Stadt zu blicken. Es gibt natürlich auch Skulpturen auf den Dachterrassen und eine riesige grüne Wand bestehend aus Pflanzen, vor der sich zur Zeit jeder fotografieren lässt. Das neue Gebäude verfügt über mehrere Cafes und ein Restaurant, die auch Kunstmuffel zum Verweilen einladen. Und Begeisterte für moderne Kunst kommen voll auf ihre Kosten: Werke von Warhol, Lichtenstein, Calder, Rothko, Arbus en masse. Das Museum kostet übrigens $25 Eintritt pro Mann, Kinder unter 18 müssen allerdings nichts bezahlen. Wir sind schon seit Jahren Mitglieder und genießen dadurch unbegrenzt freien Eintritt. Das Museum hat übrigens jeden Tag auf (nur an Thanksgiving und am 25.12. schließt es seine Tore) und schließt montags nicht wie andere Museen. Schaut vorbei, wenn ihr im Lande seid!

Abbildung [16]: Diese rostigen Spiralwände stehen in der rückwärtigen Eingangshalle des Museums.

Abbildung [17]: Amazon führt hawaiianische Sitzbezüge für's Auto.

Michael Da Angelika jeden Tag mit dem Auto auf dem Weg zur Arbeit eine erstaunliche Anzahl von Kilometern frisst und unser Zweitauto, Perly Perlman, mittlerweile beim Schrotthändler steht (Rundbrief 02/2016), habe ich ihr im März kurzerhand von einem Arbeitskollegen einen Honda Fit Baujahr 2011, gekauft, den wir "Brummi" getauft haben. Diese spritzige Pendlerkutsche hat den Vorteil, dass man die Rückbank und den Vordersitz dermaßen schlau umlegen kann, dass selbst "Catchy the Wavecatcher", mein Zweitsurfboard für ruhige Wellenlagen, das 2.70m lang ist, noch reinpasst und die Kofferraumklappe zugeht.

Das Auto selbst hat zwar nur 117 PS, ist aber so ultraleicht, dass ich schon manchen erschreckten Porschefahrer damit an der Ampel überrumpelt habe. Okay, bei höheren Geschwindigkeiten merkt man dann schon, wie das Drehmoment mangels Hubraum Wünsche offenlässt, aber immerhin fahre ich das Auto mittlerweile fast lieber als meine über alles geliebte "Rakete", einen 1998er Acura Integra, der Nachfolger des legendären Perly Perlman, ein Halbstarkenauto, vergleichbar mit einem Opel Manta. Der Motor dreht bis 8000 rpm hoch und gebärdet sich dann mit seinen 170 PS wie bei der Rallye Monte Carlo.

Abbildung [18]: Die maßgeschneiderten Bezüge sitzen tadellos.

Traditionell kaufe ich für jedes neue Auto immer möglichst kitschige Sitzbezüge, und diesmal stachen mir die grellroten hawaiianischen Cover von "Totally Covers" auf Amazon ins Auge. Während normale Sitzbezüge in einer Einheitsgröße daherkommen und mehr schlecht als recht sitzen, passt die Firma einen "Semi-custom Fit" zum Schlagerpreis von $99.99 auf die Sitze für ein spezielles Automodell an. Ich fügte der Bestellung lediglich das Baujahr und das Modell unseres Autos bei, und nach einer Woche kamen die Bezüge als Postpaket an. Pro Sitz lieferte die Firma ein Kopfstützensackerl und einen Hauptbezug, der an allen notwendigen Stellen sauber vernähte Öffnungen aufwies: Seitlich für das Auslösen der im Sitz versteckten Seiten-Airbags und sogar eines an der Stelle, an der die höchst ungewöhnliche aber bequeme Armlehne aus dem Fahrersitz des Honda Fit herausragt. Sitzt wie eine Eins!

Toppprodukt: Der Brezelmix von Kathi

Abbildung [19]: Diese Packung enthält das Rohmaterial für 9 frische Brezen.

Michael Wir leben ja bekanntlich in einer Diaspora, in der es keine guten frischen Brezen gibt. In Rundbrief 09/2008 habe ich schon mal die Bäckerei "Esther's" in Mountain View (etwa 56km südlich von uns) vorgestellt, die Brezen bäckt, die ganz gut schmecken, falls sie frisch aus dem Ofen kommen, aber bereits ihr Haltbarkeitsdatum deutlich überschritten haben, wenn sie bei uns oben in San Francisco ankommen. Der Öko-Supermarkt Rainbow verkauft sie, aber um neun Dollar für fünf altbackene Brezen auszugeben, muss man schon ziemlich ausgehungert sein. Ich mache es trotzdem oft.

Abbildung [20]: Heimbäcker Michael schlingt den Teig gekonnt in Brezenform.

Amerikanische Brezen findet man oft in Shopping-Malls in Kettenläden wie "Auntie Anne's", aber deren Labberbretzen würde ich nicht mal essen, wenn man mir Geld dazugäbe. Zum Backen der knusprigen deutschen Brezen braucht man nicht nur einen heißen Ofen, sondern auch spezielle braunmachende Lauge, die man als Normalverbraucher gar nicht kaufen kann, weil sie in ungebackenem Zustand tatsächlich giftig ist. Mangels professionell hergestellter Brezeln habe ich mich deshalb auf die Suche nach alternativen Backmethoden gemacht und wurde im Supermarkt "World Market" in Daily City fündig, etwa 10km südlich von uns. Dort verkaufen sie eine Packung mit "Kathi's Pretzel Mix", die neben einer Mehlmischung, Hefe und groben Salzkörnern auch die notwendige Lauge als anfeuchtbares Pulver enthält.

Abbildung [21]: Die fertigen Brezen kommen nach zwanzig Minuten schön knusprig aus dem Backofen.

In einem Youtube-Video zum Brezelbacken habe ich mit Kamerafrau Angelika festgehalten, wie daraus wirklich astreine knusprige Brezen im heimischen Ofen entstehen. Die ganze Prozedur mit Teigruhe und Backzeit dauert etwa zwei Stunden, die wichtigsten Schritte schneidet das Video in 10 Minuten zusammen. Die Packung mit dem Mix kostet 6 Dollar, und hat genug Rohmaterial für etwa neun Brezen. Ich habe mittlerweile schon dreimal erfolgreich gebacken, und die Brezen werden jedes Mal besser, da ich den Teig rein handwerklich mittlerweile zu immer längeren Strängen ziehen kann, was wichtig ist, damit die Brezen nicht als dicke Batzen auf dem Kuchenblech aus dem Ofen kommen, sondern schlank und knusprig wie vom Bäcker. Schaut euch die Prozedur ruhig an, da könnt ihr noch was lernen!

Kalifornien: Mindestlohn und Antibabypille

Abbildung [22]: Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown Foto: Steve Rhodes

AngelikaWährend bei uns in Amerika die letzte Phase der Vorwahlen tobt und wir kopfschüttelnd mit ansehen mussten, wie Donald Trump sich tatsächlich bei den Republikanern durchgesetzt hat, unterzeichnete unser Gouverneur Jerry Brown gleich zwei Gesetze, von denen viele andere Bundesstaaten nur träumen können. Der Mindestlohn wird in Kalifornien bis zum Jahr 2022 auf $15 pro Stunde angehoben. Zur Zeit beträgt er in Kalifornien $10, amerikaweit gilt ein Mindestlohn von $7.25. Die einzelnen Bundestaaten können ihren eigenen Mindestlohn festsetzen, solange er höher als $7.25 ist. Städte und Kommunen dürfen ebenfalls mehr vorschreiben, als ihr Bundesstaat festsetzt. So zahlt San Francisco schon jetzt einen Mindestlohn von $12.25 pro Stunde, ab Juli dann sogar $13, und ab 2018 bereits $15, also vier Jahre früher als kalifornienweit. New York, immer mit Kalifornien ein wenig in Konkurrenz stehend, beschloss zeitgleich, dass es auch im Bundesstaat New York einen Mindestlohn von $15 geben wird.

Abbildung [23]: Der gut sortierte Walgreens-Drogeriemarkt bietet neuerdings auch Antibabypillen ohne Rezept an.

Ein weiteres von Jerry Brown unter Dach und Fach gebrachtes neues Gesetz besagt, dass Frauen in Kalifornien ohne ärztliches Rezept und Altersbeschränkung die Antibabypille nach kurzer Beratung mit dem Apotheker erhalten dürfen. In Amerika sind, wie schon öfter erwähnt, Apotheken mit verschreibungspflichtigen Medikamenten meist in den Drogeriemarkt oder Supermarkt integriert. Auch im Bundesstaat Washington, in Oregon und in Washington D.C. funktioniert dies Pillengesetz schon. Die Idee dahinter ist, ungewollte Schwangerschaften zu verhindern. Das Gesetz kommt euch jetzt vielleicht nicht so bahnbrechend vor, aber im prüden und oft sehr konservativen Amerika ist es schon eine kleine Sensation.

Abbildung [24]: Im Regal gibt's die Pille zwar nicht, aber ohne Rezept hinten am Apothekerfenster.

Erstaunlich ist an der ganzen Sache, wie Jerry Brown mit seinem Pragmatismus und Verhandlungsgeschick wirklich viele Dinge, die Demokraten am Herzen liegen, umsetzen konnte in Kalifornien. Er nutzte die demokratische Mehrheit im kalifornischen Parlament geschickt aus, etwas was Barack Obama in seiner ersten Amtsperiode mit der demokratischen Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus völlig vermasselt hat. Jerry Brown gibt einem dann doch Hoffnung, dass es in diesem Land nicht nur durchgeknallte Politiker gibt, die sich zwar selber gerne in Szene setzen, aber ansonsten nur heiße Luft produzieren. 2018 läuft Jerry Browns Amtsperiode aus und er darf auch nicht mehr antreten nach kalifornischem Gesetz. Seit 1990 sind nur noch zwei Amtsperioden (also insgesamt 8 Jahre) für das Amt des Gouverneurs erlaubt. Dann ist er 80 Jahre alt und hat vielleicht auch Lust, sich zur Ruhe zu setzen.

Die 800-Dollar Pickelcreme

Abbildung [25]: Diese Pickelcreme kostet pro Packung 800 Dollar.

Angelika Weil meine Haut sich trotz meines fortgeschrittenen Alters manchmal noch wie im Teenageralter benimmt, verschrieb mir meine Hautärztin die Salbe "Tazorac", die Pickel in Schach hält. Als ich nun bei Walgreens mein Rezept einlösen wollte, sagte man mir, dass unsere Krankenkasse die verschreibungspflichtige Salbe nur für Patienten übernimmt, die nicht älter als 29 Jahre sind. Bin ich leider aber nicht mehr. Ich fragte dann vorsichtig nach, was die Salbe denn kosten würde, und ohne mit der Wimper zu zucken, sagte der Apotheker "800 Dollar".

Hmm, willkommen in Absurdistan. Da die Salbe einen Inhaltsstoff enthält, der auch gegen Falten hilft, stuft die Versicherung das Medikament bei Patienten in einem Alter, in dem Falten durchaus vorkommen, als Schönheitsmittelchen ein.

Also muss der Patient selber zahlen. Aber 800 Dollar für ein kleines Tübchen Salbe ist schon etwas verrückt! Der Apotheker meinte dann freundlich, dass die Salbe eben ein Markenprodukt sei, und kein Generika. Meine Versicherung hat jetzt alternative Salben vorgeschlagen. Da ich eh kein großer Freund von Chemiekeulen bin, werde ich miner Haut lieber etwas Gutes mit den Naturprodukten von Dr. Hauschka tun. Die sind im Vergleich dazu das reinste Schnäppchen.

Surfen mit Kind

Abbildung [26]: Der kleine Surfer scheint begeistert.

Angelika Uns zog es einmal wieder mal nach Oahu dieses Jahr. Traditionelles Surfen ist dort immer noch in. Solange die Inseln weiter bestehen, wird dort gesurft werden. Aber alle paar Jahre gibt es einen neuen Trend, wenn es um den hawaiianschen Wassersport geht. Zunächst kamen die Kitesurfer, die zu Michaels Unmut kreuz und quer mit ihren riesigen Fallschirmen im Ozean herumrasen. Es gibt sie zwar immer noch, aber die Popularität des Sports scheint auf Hawaii schon wieder abzuklingen. Zum Segen der Schwimmer, die sich immer der Gefahr aussetzen, dass ein Kitesurfer seinen Fallschirm nicht beherrscht und auf sie plumpsen lässt. Dann kamen die Standup-Paddleboarder, die ihr Surfbrett zum Paddelboot umfunktionierten und sich auf dem Brett stehend mit Hilfe eines Paddels vorwärts bewegten. Diese Methode der Fortbewegung hat in Hawaii zugegebener Maßsen eine sehr lange Tradition, aber erlebt in den letzten Jahren ein regelrechtes Comeback bei Leuten, die zu unsportlich zum richtigen Surfen sind.

Abbildung [27]: Auch zwei Kinder gleichzeitig gehen auf ein Surfbrett.

Die neueste Gaudi leisten sich Familienväter mit Kleinstkindern, die selber noch kein Surfbrett oder Boogieboard manövrieren können. Dabei sitzt das Kind auf dem vorderen Teil des Bretts und der Vater oder die Mutter stellen sich auf das Brett, wenn die Welle kommt und lenken das Surfbrett mit Kind dann durch das Wasser. Ich beobachtete das völlig fasziniert vom Strand aus, denn die Kinder waren in der Regel noch im Windelalter. Aber in Hawaii wird man bekanntlich mit dem Surfbrett geboren und früh übt sich, wer ein Meister in dieser Disziplin werden will. Sogar bei uns zuhause ist Michael mittlerweile bestimmt drei-, viermal die Woche an unserem Hausstrand in Pacifica, surft wie ein Weltmeister und fühlt sich bereits wie auf Hawaii.

Aloha aus San Francisco!

Angelika und Michael

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Letzte Änderung: 22-Aug-2018